Stockholm – Nach der bestmöglichen Generalprobe für die Ski-WM und dem ersten Weltcup-Sieg seiner Karriere saß Linus Straßer alleine in seinem Hotelzimmer.
«Da wusste ich nicht: soll ich lachen, soll ich weinen – da kam mir erst so wirklich, was in den letzten zwei Stunden abgegangen ist. Das war ein unglaubliches Gefühl. Gänsehaut», erzählte der 24-Jährige der Deutschen Presse-Agentur nach seinem Coup. Als Ersatzfahrer für den am Knie verletzten Felix Neureuther gewann er den Parallel-Slalom in Stockholm – und das auf beeindruckende Art und Weise.
Vor Stefano Gross aus Italien, dem Schweden Mattias Hargin und im Finale noch Alexis Pinturault aus Frankreich hatte Straßer in der ersten Runde des City-Events bereits den dominierenden Slalom-Fahrer der vergangenen Jahre aus dem Weg geräumt: Henrik Kristoffersen aus Norwegen. «Als ich ihn geschlagen habe, habe ich auch einfach ein gutes Gefühl entwickelt und bin von Lauf zu Lauf sicherer geworden. Das war ein geiles Gefühl», berichtete Straßer. «Ich hoffe, das klingt nicht arrogant jetzt. Aber heute ist mir eine ziemlich souveräne Vorstellung gelungen.»
Bei der Siegerehrung mit Slalom-Weltmeisterin Mikaela Shiffrin, die das Damen-Rennen gewann, hatte Straßer das noch gar nicht alles realisiert. «Sie hat gefragt: Komisches Gefühl, oder? In dem Moment habe ich gar nicht begriffen, was gerade abgeht», sagte der «König von Stockholm», wie der DSV Straßer auf Facebook bezeichnete.
Neben mehr als 50 000 Euro Preisgeld für den Sieg und einem enormen Schub fürs Selbstvertrauen machte Straßer bei letzter Gelegenheit auch noch die Qualifikations-Norm für die WM in St. Moritz klar. An seiner Teilnahme hatte es allerdings auch davor kaum Zweifel gegeben. «Den hätten wir sowieso mitgenommen, den Linus», sagte Bundestrainer Mathias Berthold. «Da hatte er keinen Stress.»
Der Deutsche Skiverband (DSV) möchte von seinen Sportlern ein Top-8- oder zwei Top-15-Resultate vor der WM in St. Moritz. Straßer hatte bis zu seinem Sieg in Schweden einen zehnten Platz in Adelboden vorzuweisen und war in diesem Winter zudem zweimal 16. in einem Weltcup-Rennen.
Erfüllt haben die Norm neben Straßer auch Neureuther, Stefan Luitz, Andreas Sander und Josef Ferstl sowie bei den Damen Viktoria Rebensburg, Lena Dürr und Christina Geiger. Den Kader für St. Moritz, gibt der DSV im Laufe des Mittwochs bekannt. Hoffen dürfen beispielsweise der junge Speedfahrer Thomas Dreßen oder Straßers Slalom-Kollege Dominik Stehle.
Straßer kommt im Engadin neben dem Slalom auch für den Riesenslalom infrage – und ist vor allem ein heißer Kandidat auf einen der beiden Startplätze beim Team-Event. Das wird ebenfalls als Parallelslalom ausgetragen. Berthold war in Schweden jedenfalls sehr zufrieden mit seinem Schützling: «Dass er so souverän fährt, das kann man sich wünschen. Aber, dass er es so durchzieht, ist schon sehr cool.»
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(dpa)