Köln/Berlin – Drei Corona-Fälle beim 1. FC Köln stellen das Neustart-Konzept der Deutschen Fußball Liga auf den Prüfstand. Wenige Tage vor der wegweisenden Konferenz von Bund und Ländern wurden zwei Spieler und ein Physiotherapeut in Quarantäne geschickt.
Die weiteren Profis bereiten sich ungehindert auf die Wiederaufnahme des Spielbetriebs vor. Die Kritiker des Profi-Fußballs fühlten sich am Samstag deshalb zwar bestätigt – aus DFL-Kreisen war aber vor allem zu hören: Das Konzept funktioniert.
«Wir sehen jetzt im Alltag, dass unser Konzept frühzeitig Risiken erkennt und reduziert», sagte DFB-Chefmediziner Tim Meyer, Leiter der für das 41-seitige Papier verantwortlichen Taskforce, einer Mitteilung der Kölner zufolge. «Wir sind überzeugt, dass wir den Spielern mit unserem Konzept die Ausübung ihres Berufs unter bestmöglichem Infektionsschutz ermöglichen können.»
Die Bundesligisten hatten in der Hoffnung, am Mittwoch nach der Konferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten die Genehmigung für den Liga-Start noch im Mai zu bekommen, am Donnerstag mit Corona-Tests aller Spieler und Betreuer begonnen. Vor allem, um so gut es geht auszuschließen, dass infizierte Profis am Mannschaftstraining teilnehmen, das in der kommenden Woche gestartet werden soll. Ein zweiter Test soll bei den meisten Clubs noch an diesem Wochenende folgen.
Melden müssen die Vereine den Gesundheitsämtern und der DFL ausschließlich positive Testergebnisse – bis zum Samstagmittag kamen keine dazu. Der für die Bundesliga-Vereine zuständige Meyer betonte den «engen Austausch mit den zuständigen Gesundheitsbehörden und den medizinischen Experten». Auch Kölns Geschäftsführer Alexander Wehrle äußerte im TV-Sender Sky, dass die Fälle zeigen, dass das Konzept greife. Die infizierten Profis können das Virus nicht mehr an ihre Mitspieler weitergeben. «Bei mehr als 1000 Tests in der Liga wäre es statistisch gesehen sehr, sehr unwahrscheinlich gewesen, dass zum Start niemand positiv getestet wird», sagte der Kölner Mannschaftsarzt Paul Klein.
Dennoch verdeutlicht das Beispiel Köln, wie anfällig die DFL-Pläne sind. Köln muss vorerst nur auf jene Profis verzichten, weil der Club derzeit noch in Kleingruppen trainiert. Kontakt zu den Mitspielern bestand nicht oder war minimal. Ein positiver Corona-Test während des Mannschaftstrainings hätte dagegen wohl deutlich gravierendere Auswirkungen – bis hin zur möglichen Quarantäne der gesamten Mannschaft. Der Spielbetrieb der gesamten Liga stünde dann infrage.
«Die bisherigen Maßnahmen sowie die Strategie regelmäßiger Tests haben sich dahingehend bewährt, dass wir jetzt mit individuellen Lösungen reagieren können», sagte der zweite FC-Geschäftsführer, Horst Heldt. Die Spieler sind dringend dazu angehalten, sich an die strengen Hygienevorgaben des DFL-Konzepts zu halten, das von den zuständigen Behörden bislang sehr wohlwollend beurteilt wurde.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach erneuerte allerdings seine harsche Kritik. «Wahrscheinlich 2 Spieler, 1 Mitarbeiter infiziert. Rest trainiert weiter», schrieb Lauterbach bei Twitter: «Wer mit Covid-19 trainiert, riskiert Schäden an Lunge, Herz und Nieren. Ich wundere mich, dass Spieler das mit sich machen lassen. Fußball soll Vorbild sein, nicht „Brot und Spiele“.» Sein Partei-Vize Kevin Kühnert hatte vor der Veröffentlichung der Fälle erneut die Sinnhaftigkeit des Liga-Neustarts angezweifelt.
«Der Fußball fügt sich damit einen erheblichen Imageschaden zu, mutmaßlich einen größeren, als es die Pandemie tut», sagte Kühnert dem «Münchner Merkur» und der «tz». Derzeit leide die Gesellschaft unter der Corona-Krise und kämpfe mit den Folgen und Auswirkungen. «In so einer Phase möchte der Profifußball den Spielbetrieb wieder aufnehmen – das hat eine ungeheure negative Symbolkraft», meinte der 30-Jährige.
Die Diskussion über eine vermeintliche Sonderrolle des Fußballs erhitzt seit Wochen die Gemüter. «Ich sehe nur den Schaden, wenn der Fußball nicht wieder spielt. Ich verstehe natürlich, wenn jemand mit Fußball nichts anfangen kann. Aber warum sollte man dagegen sein? Aus Schadenfreude? Das wäre traurig», sagte Eintracht Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic der «Süddeutschen Zeitung». «Wir bereiten uns darauf vor, wieder anfangen zu können, genau wie jeder Restaurantbesitzer und jedes Unternehmen, das wieder loslegen möchte und muss.»
Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge blickte derweil schon auf die Zeit nach der Krise, in der sich der Fußball verändern müsse. «Die Clubs waren in der Vergangenheit von Jahr zu Jahr einem größeren wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt», sagte er im Doppelinterview mit Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml dem «Münchner Merkur» und der «tz». «Und parallel dazu sind die Summen auf Spielerseiten von Jahr zu Jahr gestiegen – Ablöse, Gehälter, Berater-Provisionen.» Wenn die Krise bewältigt sei, sei das ein guter Moment, «dass wir darüber nachdenken und gemeinsam sprechen».
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(dpa)