Rio de Janeiro – Nach einem großartigen, aber enorm kräfteraubenden ersten Tag beim olympischen Zehnkampf kann Kai Kazmirek trotz einer Schwächephase noch in den Medaillenkampf eingreifen. Der WM-Sechste von der LG Rhein-Wied liegt nach acht Disziplinen als Vierter 65 Punkte hinter Bronze.
Vor dem zweiten Tag hatte Kazmirek noch auf dem Silber-Rang gelegen, doch dann kam er am Donnerstag zum Auftakt über 110 Meter Hürden schlecht aus dem Startblock. Auch im Diskuswerfen lief es nicht wie gewünscht. Im Stabhochsprung blieb er im Rahmen seiner Möglichkeiten. Weltrekordler Ashton Eaton aus den USA kann dagegen in Rio de Janeiro wohl nur eine Verletzung auf seinem Weg zum zweiten Olympia-Gold nach 2012 aufhalten.
Der 400-Meter-Lauf mit der persönlichen Bestzeit von 46,75 Sekunden zum Abschluss des ersten Tages hatte Kazmirek noch einmal richtig Kraft gekostet. Danach taumelte er über die Bahn und hätte sich beinahe übergeben. Keine Interviews mehr, nur ein kurzer Blick zur Anzeigetafel. Dort leuchtete am Mittwochabend sein Name an prominenter Stelle auf: Kazmirek ging mit 4500 Punkten als Zweiter hinter Topfavorit Eaton (4621) ins Bett.
Beim Hürdensprint am Morgen danach rannte Kazmirek nach einem schwachen Start dem Feld hinterher und kam erst nach 14,62 Sekunden ins Ziel. Im Diskuswerfen, das ohnehin nicht zu seinen Stärken zählt, verlor er weiter an Boden. Mit 5,00 Meter im Stabhochsprung kämpfte er sich an den Kanadier Damian Warner etwas heran. Deutlich in Führung liegt Weltmeister Eaton aus den USA mit 7370 Zählern vor dem Franzosen Kevin Mayer (7246), Warner (7102) und Kazmirek (7037).
Zuletzt hatte 1996 in Atlanta ein deutscher Zehnkämpfer vorne mitgemischt: Frank Busemann führte sogar nach dem ersten Tag. Der Sonnyboy stürmte damals in die Öffentlichkeit. Am Ende gewann er Silber hinter US-Star Dan O’Brien. Bis heute ist er einer der populärsten deutschen Leichtathleten.
Kazmirek ist ein ganz anderer Typ: eher introvertiert, mehr pedantischer Arbeiter als junger Wilder, wie es Busemann damals war. Im vergangenen Jahr gewann der Schützling von Trainer Jörg Roos das Traditionsmeeting in Götzis, das Wimbledon der Zehnkämpfer. Bei der WM in Peking wurde er dann nur Sechster. «Er hat immer gleichmäßige super Leistungen. Aber er bräuchte ein paar Ausrutscher nach oben, um weiter nach vorne zu kommen», sagte Willi Holdorf, der Olympiasieger von 1964, vor den Spielen.
Diese hatte Kazmirek dann aber zunächst in Rio: Neben seiner klasse 400-Meter-Zeit stellte er im Weitsprung einen Hausrekord von 7,69 Metern auf. «Er hat sich sehr verausgabt», sagte Bundestrainer Rainer Pottel. Dass es mit Edelmetall eng wird, war ihm schon nach dem ersten Tag klar: «Er muss morgen überall an seine Bestleistung rankommen. Aber er hat’s drauf.»
Einen «Scheißtag» hatte zum Auftakt der als Medaillenkandidat gehandelte Arthur Abele erwischt. Der schon so oft verletzte Ulmer fühlte sich «matschig» – und ging als 16. schlafen. Dort liegt er auch nach Hürdensprint, Diskuswerfen und Stabhochsprung. Rico Freimuth, der WM-Dritte des vergangenen Jahres, hatte schon nach dem ersten Vormittag seine Tasche gepackt – Rückenbeschwerden.
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(dpa)