Hamburg – Der Hamburger SV hat wieder ein echtes Sturm-Juwel. Mit seinen fünf Saisontreffern zeigt Bobby Wood nicht nur seine Treffsicherheit.
Ähnlich wie Verteidiger Kyriakos Papadopoulos, der den Torschützen (80. Minute) nach Schlusspfiff mit einem Kuss belohnte, pusht der 24 Jahre alte Amerikaner sein Team auch mit unermüdlichem Einsatz zum Erfolg. Schon vor seinem 2:1 (1:1)-Siegtreffer gegen Borussia Mönchengladbach war Wood neben Schlussmann René Adler bester Mann auf dem Platz. Einfach weil er keinen Zweikampf scheut, nie aufgibt und Kilometer um Kilometer auf dem Platz abreißt. Am Sonntag war er an 9 der 17 Torschüsse des HSV beteiligt.
«Ich bin sehr stolz. Wir sind in einer schwierigen Situation, aber wir kommen da raus, wenn wir so kämpfen», sagte der Stürmer, den die finanzkräftigen Vereine aus England längst auf dem Zettel haben. Sportdirektor Jens Todt muss schmunzeln, wenn er auf seinen umworbenen Stoßstürmer angesprochen wird: «Wir haben die Tribüne voll mit Scouts. Aber er war ja auch schon vorher kein Unbekannter.»
Ex-Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer holte den Angreifer im Sommer für vier Millionen Euro von Union Berlin und stattete ihn mit einem Vertrag bis 2020 aus. Der auf Hawaii geborene Wood fühlt sich im Norden wohl. Dabei musste er als Jugendlicher einen ziemlichen Kulturschock verdauen.
Als er mit 14 Jahren ins Sportinternat von 1860 München kam, fror er wochenlang. «Als erstes brauchte ich eine richtige Winterjacke. Es klingt blöd, aber ich wusste damals nicht einmal, dass sie solche Jacken herstellen. Mein Kleiderschrank bestand zuvor quasi nur aus kurzen Hosen und Kapuzenpullis», erzählte der am Strand aufgewachsene Wood in einem Beitrag für das Portal theplayerstribune.
Mit seiner Unbeschwertheit und dem sonnigen Gemüt reißt er seine neuen Kameraden nun manches Mal mit. «Wenn ich auf den Platz gehe, schaue ich auf die Stadionuhr und spüre, worum es geht. Ich will für diesen Verein alles geben. Und gerade bedeutet das: Ums Überleben in der Liga kämpfen, damit die Uhr niemals aufhört zu schlagen.» Wood geht voran, schon in der Vorwoche hatte er mit einem gewonnenen Zweikampf vor dem 1:0-Siegtor entscheidenden Anteil.
Trainer Markus Gisdol verzichtet darauf, ein Sonderlob für den Matchwinner auszusprechen. Er sieht die Teamleistung und lobt das beste Pressing – nicht zuletzt dank Wood – in seiner Zeit beim HSV. Gisdol weiß aber auch, dass es nicht so leicht wird, den leidigen Relegationsplatz zu verlassen – in schöner Regelmäßigkeit punkten die Konkurrenten VfL Wolfsburg und Werder Bremen. «Wir sollten ganz nah bei uns bleiben. Demütig sein, bescheiden arbeiten, dann schaffen wir es und holen die nötigen Punkte», sagte der Trainer, der den Club wieder zu einer Heimmacht gemacht hat. So blieb der HSV zuhause im siebten Bundesliga-Spiel ungeschlagen – das ist die längste Serie seit dem 4. April 2010, als man acht Spiele ohne Niederlage überstand.
Wegen des schlechteren Torverhältnisses bleiben die Hanseaten mit 26 Zählern auf dem 16. Platz, haben aber immerhin schon sieben Punkte Vorsprung auf den FC Ingolstadt. «Das ist richtig spannend, da unten sind einige zusammengerückt», sagte Todt. Man wolle nicht rechnen, wie viele Punkte man am Ende brauche.
Viel wichtiger für Todt: «Unsere Leistung hat sich stabilisiert, es ist eine Entwicklung zu sehen.» Nicht einmal die 0:8-Niederlage bei Bayern München habe den Trend wieder umgekehrt: «Es ist wieder Ruhe im Verein, das hilft. Und die Fans vertrauen uns», betonte Todt.
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(dpa)