Gelsenkirchen – Minutenlang steht Benedikt Höwedes allein vor der Nordkurve und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht, ehe der Innenverteidiger von Lokomotive Moskau unter dem Applaus der Schalke-Fans ein letztes Mal eine Ehrenrunde dreht.
«Gänsehaut, ich hatte Tränen in den Augen», gestand der langjährige Kapitän der Königsblauen nach dem emotionalen Abschied von seinem Herzensclub. «Ich habe so viele schöne Momente in diesem Stadion geteilt, auch schwierige. Und da ist man trotzdem immer gemeinsam durchgegangen. Wahrscheinlich war es das letzte Mal, dass ich da unten auf dem Platz stand. Das hat schon wehgetan.»
Angesichts der Zuneigung der Fans konnte der 30-Jährige die 0:1-Niederlage durch das Tor von Alessandro Schöpf in der Nachspielzeit gegen seinen Ex-Club etwas leichter verschmerzen. Weil der FC Porto gleichzeitig mit 3:2 bei Galatasaray gewann, hätte der russische Meister mit einem Erfolg zumindest in der Europa League überwintern können. So ist die Europapokalsaison für Moskau beendet, Schalke stand als Gruppen-Zweiter bereits vorher als Achtelfinalist fest.
«Ich hätte mich gern mit einem Sieg verabschiedet. Das ist ein bisschen schade. Aber uns fehlten ein wenig der Mut und das letzte Risiko», befand Höwedes, der wie der Ex-Schalker Jefferson Farfán schon vor der Partie mit einer Bildcollage und einem Blumenstrauß offiziell vom Revierclub verabschiedet worden war. «Du bleibst ein Schalker Junge», sagte Aufsichtsrat-Boss Clemens Tönnies zu Höwedes.
Insgesamt 16 Jahre lang trug dieser das königsblaue Dress, bevor er im Sommer 2017 vom damals neuen Trainer Domenico Tedesco ausgemustert wurde und nach einem einjährigem Intermezzo bei Juventus Turin in Moskau anheuerte. Da in Russland schon die Winterpause beginnt, blieb Höwedes gleich daheim in Haltern und freut sich nun auf die Weihnachtszeit mit der Familie. Erst vor einigen Wochen wurde sein Sohn Bas Antonius geboren, den er bisher nur sporadisch zu sehen bekam. «Er wächst und gedeiht. Ich möchte so wenig wie möglich von seiner Entwicklung verpassen. Jetzt freue ich mich auf den Urlaub», sagte Höwedes, und fügte schmunzelnd hinzu. «Ich muss ja nur 20 Minuten mit dem Auto fahren. Ich habe wohl den kürzesten Heimweg.»
Ralf Fährmann freute sich mit Höwedes über den herzlichen Empfang. «Es war schon ein komisches Gefühl, ihn im rotem Trikot zu sehen», gab Schalkes Torhüter zu. «Aber es ist klasse, wie ihn die Fans empfangen und gefeiert haben. Das gebührt ihm auch.» Schalkes junger Stürmer Cedric Teuchert gab nach seinem Champions-League-Debüt zu: «Er war Weltmeister und man kann einiges von ihm lernen. Ich hatte schon Respekt.»
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(dpa)