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Hertha kämpft um Berlin: Ein Hauptstadtclub sucht Zuschauer

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Berlin – Pal Dardai kennt den Eindruck, sich kurzzeitig ein wenig fremd im eigenen Stadion zu fühlen. Bei Heimspielen gegen den FC Bayern werde nicht nur bei Toren von Hertha BSC gefeiert, sagte der Coach des Berliner Fußball-Bundesligisten kurz vor dem Saisonstart.

Auch bei einem Treffer der Münchner würden im Olympiastadion alle Zuschauer aufspringen: «In dieser Stadt sind fast alle Herthaner und alle Bayern-Fans – das müssen wir irgendwie zusammenkriegen, so dass sie immer wieder unser Stadion füllen und 80.000 Leute kommen.»

Doch davon war Hertha in der vergangenen Spielzeit weit entfernt. Nur 45.318 Besucher kamen pro Partie, knapp 5000 im Schnitt weniger als noch in der Vorsaison, geringer war die Zahl in der Bundesliga zuletzt vor 14 Jahren. Vor allem wegen der zahlreichen leeren Ränge und mäßiger Atmosphäre im weiten Rund will der Club ein neues, kleineres, engeres Stadion bauen. Bis 2025 ist Hertha aber noch als Mieter an das Olympiastadion gebunden – und versucht nun mit einer neuen Strategie und ungewöhnlichen Maßnahmen, wieder einmal das große Potenzial an möglichen Fans in der Hauptstadt für sich zu gewinnen.

Kinder unter 14 Jahren bekommen in allen Heimspielen bis auf die Duelle mit Bayern und Borussia Dortmund freien Eintritt. «Wir wollen diese jungen Menschen zu Herthanern machen, zu Mitgliedern und Fans unseres Vereins», erklärte Finanz-Geschäftsführer Ingo Schiller. Der Club will sechsmal mit dem Profiteam in ausgewählten Stadtteilen trainieren. Die Saisonkampagne ist unter das augenzwinkernde Motto «In Berlin kannst du alles sein. Auch Herthaner» gestellt.

Der Versuch, mit Selbstironie auf Zuschauerfang zu gehen, erzählt jedoch auch von den Schwierigkeiten, die Clubs im Binnenverhältnis zwischen Tradition und dem Weg in die Moderne haben. Vor zwei Jahren sorgte unter anderem der englische Werbespruch «We try, we fail, we win» für reichlich Kritik in der Fanszene. Mehrfach wurde vor allem der für Kommunikation zuständige Ex-Twittermanager Paul Keuter für die Digitalstrategie, die den Club zu einem der präsentesten in sozialen Netzwerken macht, massiv aus der Ostkurve angefeindet.

«Wir wollen auch ernstgenommen werden. Unser Eindruck ist, dass wir kein Gesprächspartner auf Augenhöhe mehr sind», schimpfte ein Vertreter der Ultra-Gruppierung Hauptstadtmafia über das Verhältnis von Club und organisierten Fans auf der vergangenen Mitgliederversammlung. Der Weg zurück in die Kieze, den Hertha nun wieder geht, wurde ebenfalls von Anhängern gefordert.

Der Erfolg wird sich langfristig darin zeigen, ob der Club die Kinder der Zugezogenen, die selbst häufig noch einem anderen Herzensverein anhängen, von Hertha überzeugen kann. Aber auch kurzfristig in den Zuschauerzahlen dieser Saison. Mit 19 800 verkauften Dauerkarten liege der Club auf dem Niveau der Vorsaison, teilt Hertha auf Anfrage mit. Mit der Resonanz auf die kostenlosen Tickets für Kinder sei man «zufrieden», die genaue Zahl nennt der Verein einige Tage vor dem ersten Ligaspiel gegen den 1. Nürnberg am Samstag (15.30 Uhr) noch nicht.

Das Image des Clubs sei in den dreieinhalb Jahren seiner Amtszeit als Trainer «besser geworden», sagte der frühere Hertha-Profi Dardai zuletzt weiter. Der Verein sei attraktiv für Talente, andere Clubs würden Spieler abwerben. «Früher war das nicht so.» Aus seiner Erfahrung weiß aber auch der Ungar, dass bei allen Werbebemühungen ein Faktor mitentscheidend ist, um die Zuschauerzahlen zu steigern: «Wir versuchen, ein bisschen schöneren Fußball zu spielen.»

Fotocredits: Annegret Hilse
(dpa)

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