Spielberg – Sebastian Vettel hat seinen Kumpel Kimi Räikkönen, Lewis Hamilton seinen Wohlfühlkollegen Valtteri Bottas. An der Seite der Formel-1-Mehrfachweltmeister von Ferrari und Mercedes haben die beiden Finnen ganz unterschiedliche Ambitionen entwickelt.
Inwieweit können Räikkönen und Bottas die Formel-1-Titelchancen der Star-Piloten Vettel und Hamilton befeuern oder beeinträchtigen?
VETTELS FINNE
Für eine öffentliche Maßregelung von Bottas gibt es bei Mercedes überhaupt keinen Grund. Räikkönen ereilte sie zuletzt in Österreich. Der Finne solle «mehr Hingabe» zeigen, forderte Ferrari-Boss Sergio Marchionne und attestierte ihm Tendenzen eines Bummelfahrers. «Ich will meine Sache gut machen», entgegnete der Mann aus Espoo, «es ist ja nicht so, als ob ich es nicht versuchen würde.»
88 Punkte hat Räikkönen nach neun Saisonrennen aber schon Rückstand auf Vettel. Er hat deutlich mehr Probleme als sein deutscher Kumpel, den Ferrari optimal abzustimmen. Dann kommen auch noch Crashs wie in Barcelona und Baku hinzu oder fragwürdige Scuderia-Strategien.
In Österreich bekam Räikkönen erst in der 44. Runde frische Reifen aufgezogen und musste sich mit Platz fünf begnügen. Der Grand Prix von Monaco im Mai dürfte den Oldie des Fahrerfelds jedoch noch mehr geschmerzt haben. Da raste der 37-Jährige auf die Pole, verlor den Strategiepoker im Rennen aber gegen Vettel und landete auf Rang zwei. Umgehend gab es Spekulationen über eine Teamorder. «Es fühlt sich nicht wirklich gut an», räumte Räikkönen ein.
«Ich bin sehr glücklich, aber ich kann schon verstehen, dass er verärgert ist», sagte Vettel, dessen Verhältnis zum Finnen weiter völlig intakt ist. An dem letzten Ferrari-Fahrerweltmeister von 2007 schätzt der Deutsche vor allem, dass sich Räikkönen um das Rennfahren und nicht das Drumherum kümmert. Eigene WM-Ambitionen des Routiniers können das Klima bei der Scuderia schon mal nicht beeinflussen.
HAMILTONS FINNE
Schon beim dritten Grand Prix in Bahrain holte Mercedes das leidige Thema Teamorder ein. In Sakhir musste Bottas Hamilton insgesamt sogar zweimal passieren lassen, damit der dreimalige Weltmeister noch den führenden Vettel attackieren konnte. «Wir machen das nicht gern, aber wenn der Moment kommt, in dem der Rennsieg in Gefahr ist, werden wir immer so entscheiden, um ihn zu holen», erklärte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. «Ich bin definitiv ein Teamplayer», meinte damals Nico Rosbergs Nachfolger, der sich auch einer Stallorder fügen würde.
Die Zeiten haben sich geändert. Mit seinem zweiten Formel-1-Sieg beim Spielberg-Rennen deutet sich ein WM-Dreikampf an. 15 Punkte liegt Bottas hinter Hamilton, 20 weitere hinter Vettel. «Es gab nie einen Punkt, an dem er nicht mehr mit im Kampf dabei war», sagte der Brite zu den Titelchancen von Bottas. In Österreich konnte Hamilton sogar noch froh sein, dass der Finne bis zum Schluss Rang eins verteidigte, sonst hätte sich der drängende Vettel als Gewinner um weitere sieben Punkte von ihm in der Fahrerwertung abgesetzt.
Mit Bottas hat Hamilton im Gegensatz zu Vettel im eigenen Team einen WM-Rivalen. Für den 32-Jährigen ist das keine neue Situation. 2014, 2015 und 2016 führte er bisweilen mit Rosberg einen Stallkrieg um die WM. Das Verhältnis zum ruhigen Bottas ist indes erheblich entspannter, Hamilton genießt das auch.
Der 27-Jährige aus Nastola hätte sicher nichts gegen eine mögliche Parallele zu Räikkönen, als dieser seine WM holte. 2007 fokussierte sich der Titelkampf fast ausschließlich auf das komplett vergiftete Duell der schillernden McLaren-Stallrivalen Hamilton und Fernando Alonso. Am Ende stand der blasse Außenseiter Räikkönen ganz oben.
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(dpa)