Mexiko-Stadt – Nach seinem Titel-Rausch von Mexiko und der deprimierenden Niederlage für Sebastian Vettel hat Lewis Hamilton noch lange nicht genug.
«Vier ist eine fantastische Zahl, aber jetzt möchte ich Nummer fünf!», kündigte der neue Formel-1-Weltmeister vor seiner Abreise in die legendäre Inkastadt Machu Picchu schon mal an. Ein abruptes Karriereende wie beim nun entthronten Nico Rosberg Ende 2016 kommt für den britischen Mercedes-Piloten ohnehin nicht in Frage. «Ich könnte das Einfache machen, was Nico offensichtlich getan hat, und aufhören und mich mit diesen vier Titeln zurückziehen. Aber ich denke, es ist noch mehr in mir», versicherte Hamilton.
Vettel dürfte auch diese Worte des Mercedes-Superstars mit Unbehagen vernommen haben, so sehr er das Duell mit dem nunmehr erfolgreichsten britischen Piloten auch schätzt. An einem seiner düstersten Tage in der Motorsport-Königsklasse wollte der geschlagene Ferrari-Star am glanzvollen Bild des Briten jedoch nicht kratzen. «Er hat es verdient, er fährt eine sehr starke Saison, er war insgesamt der bessere Mann», sagte Vettel.
Der 30 Jahre alte Deutsche hat seit Sonntag bittere Gewissheit, dass er auf seinen fünften WM-Titel weiter warten muss. «Zu realisieren, dass es dieses Jahr nicht geklappt hat, ist hart», räumte Vettel sichtlich mitgenommen ein. Sein vierter Rang in Mexiko war nach einem Zusammenstoß mit Hamilton kurz nach dem Start zu wenig, dem Briten reichte beim Sieg von Red-Bull-Youngster Max Verstappen Platz neun.
Nicht Vettel, sondern Hamilton macht sich also weiter auf den Weg, die Rekordlisten der Formel 1 neu zu schreiben. «Eine von den Göttern gesegnete Saison», pries die französische Zeitung «Le Figaro». Auch Ex-Kollege Rosberg verneigte sich vor dem Briten, den er im vergangenen Jahr im WM-Kampf geschlagen hatte. «Eine großartige Leistung dieses Jahr und eine hochverdiente vierte Meisterschaft», sagte Rosberg in einem Youtube-Video.
2008, 2014, 2015 und 2017 wurde Hamilton Weltmeister, vier Titel wie nur Vettel und Alain Prost noch. Ein weiterer fehlt dem 32-Jährigen, um mit Juan-Manuel Fangio gleichzuziehen, drei sind es bis zur Rekordmarke von Michael Schumacher. Dessen Pole-Bestmarke (68) hat Hamilton in diesem Jahr bereits überboten (72).
91 Rennsiege gelangen Ex-Rennfahrer Schumacher, Hamilton steht bei 62. «Ich richte mich nicht an Rekorden aus», betonte Hamilton allerdings in Mexiko-Stadt nach einem Grand Prix, den so vermutlich niemand erwartet und Hamilton am wenigsten erhofft hatte: «Ehrlich gesagt, war es eine schreckliche Art, es so zu schaffen.»
Auf die ganz große WM-Party wollten der Brite und sein Team nach dem denkwürdigen Rennen noch verzichten. Hamilton schien auch nicht das große Bedürfnis nach einer großen Fiesta zu haben. Nach den ersten Freuden-Ausbrüchen wirkte er eher nachdenklich. Satt ist Hamilton aber noch lange nicht. «Ich denke, ich bewege mich gerade auf den Höhepunkt meiner Karriere zu. Ich glaube nicht, dass ich ihn schon ganz erreicht habe», erklärte Hamilton in einem Interview der «Welt» (Mittwoch-Ausgabe) vor seinem Trip auf fast 2500 Meter Höhe in Peru.
Beim Finale in Abu Dhabi will es Mercedes «krachen» lassen, kündigte Teamchef Toto Wolff an. Die Silberpfeile feierten unter der Führung des Österreichers acht Titel in vier Jahren, viermal die Fahrer-, viermal die Konstrukteurs-WM. Die aktuelle sei aber die «härteste Weltmeisterschaft überhaupt» gewesen, meinte Wolff.
Vor der großen Abschlussfete bei den Scheichs steht aber erst noch das Rennen in Brasilien an. In der Heimat seines großen Idols Ayrton Senna will Hamilton nach dem komischen Krönungsrennen in Mexiko seinen zehnten Saisonsieg schaffen, zudem will er seinen ohnehin bis Ende 2018 laufenden Vertrag bei Mercedes bald verlängern. «Es dürfte einfach werden», sagte Hamilton zu den Verhandlungen, die in den nächsten Wochen zum Abschluss kommen sollen.
Für Vettel werden es noch zwei Rennen, die er mit Würde hinter sich bringen muss. «Was das nächste Jahr bringt, weiß ich nicht», sagte Vettel: «Das Team wächst, und es gibt viele positive Aspekte. Insgesamt denke ich, sind wir auf dem richtigen Weg», sagte er und mühte sich, sich und seiner Scuderia Mut zu machen.
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(dpa)