Melbourne – Die «Hammertime» traf Sebastian Vettel mit Wucht. «Das ist natürlich ein größerer Rückstand als wir ihn wollten», räumte der Ferrari-Pilot am Samstag im Fahrerlager von Melbourne ein.
Lange hatte es in der Qualifikation zum Großen Preis von Australien nach einer Tausendstelsekunden-Entscheidung ausgesehen. Bis Lewis Hamilton richtig Gas gab. Mit einem Vorsprung von 0,664 Sekunden verwies er Vettels Teamkollegen Kimi Räikkönen auf den zweiten Platz. Vettel war als Dritter 0,674 Sekunden langsamer als der britische WM-Titelverteidiger. «Ein bisschen Hausaufgaben für uns», sagte Vettel.
Er verlor das erste Duell der viermaligen Titelträger klar und verpasste sogar die erste Startreihe. «Wir habe es schon so oft gesehen, 2014, 2015, 2016, 2017: Normalerweise geht es sonntags enger zu. Darauf zählen wir», sagte Vettel. Immerhin kann sich der 30 Jahre alte Vorjahressieger aus Heppenheim damit trösten, dass nur zweimal in den vergangenen acht Jahren der Fahrer von der Pole aus auch das Rennen in Melbourne gewonnen hat.
Dennoch war Hamiltons Runde ein Statement. «Die letzte war meine bisher beste Runde an diesem Wochenende», sagte er. 58 stehen im Rennen an diesem Sonntag (07.10 Uhr MESZ) an. Zum siebten Mal startet Hamilton in Australien vom ersten Startplatz, zum fünften Mal nacheinander. Mit einem breiten Grinsen quittierte er das noch im Start- und Zielbereich, ehe er für die Fotografen die beiden Kontrahenten in Rot generös in die Arme nahm. «Ich bin überrascht über den Abstand zu Ferrari», sagte er.
Einziger Negativpunkt eines prächtigen Starts für den deutschen Werksrennstall: Hamiltons Teamkollege Valtteri Bottas baute kurz nach Beginn des dritten Zeitabschnitts einen heftigen Unfall und demolierte seinen Silberpfeil. «Das war mein Fehler, ich habe zu hart gepusht», sagte Bottas. Er sei nicht verletzt, spüre den Einschlag aber ein bisschen. «Der Mensch ist nicht gemacht für 27G.» Das Getriebe auch nicht, es muss gewechselt werden. Bottas wird von Platz 15 aus starten müssen.
Die Chance nutzten die beiden Ferraris. Vettel wirkte nicht zerknirscht oder unzufrieden. Der 30 Jahre alte Vorjahressieger aus Heppenheim setzt auf die Renndistanz. «Wir haben bei den Longruns gesehen, dass es eng ist», meinte Vettel: «Ich bin happy für das Team, ein gutes Ergebnis.»
Hinter den beiden Ferrari-Fahrern reihten sich Max Verstappen und Daniel Ricciardo von Red Bull ein. Ricciardo, der australische Lokalmatador, wird aber wegen eines Tempoverstoßes im Training drei Plätze strafversetzt. Damit rücken die beiden Haas-Piloten Kevin Magnussen und Romain Grosjean auf die Startpositionen fünf und sechs vor. Auch Nico Hülkenberg profitiert noch von der Strafe gegen Ricciardo: Er kletterte im Renault auf die siebte Position.
Platz eins war einem vorbehalten, der am Freitag im Training schon das Tempo vorgegeben hatte. Der Regen, der vorhergesagt war, blieb in der K.o.-Ausscheidung am Samstag aus und so konnten die letzten zwölf Minuten zum packenden Showdown werden: Zunächst der Abflug von Bottas. Rote Flaggen. Nach rund zehn Minuten ging es weiter. Und es ging jetzt richtig los.
Hamilton fuhr erstmal die schnellste Runde. Vettel lag 34 Tausendstelsekunden zurück, Verstappen 61 Tausendstelsekunden. Da war es noch knapp, richtig knapp. Dann aber packte Hamilton seine berühmte «Hammertime» aus, ohne am Motorenmodus noch mal etwas zu verändern und mehr PS freizugeben. «Ich bin immer im Party-Modus», betonte Hamilton beim Kurzinterview auf der Zielgeraden. «Es war unglaublich zu sehen, wie er die Runde rausgehauen hat. Das war Perfektion», sagte Rosberg als Experte für den TV-Sender RTL.
Für Hamilton war es die 73. Pole seiner Karriere. Gewinnt er das Rennen, wäre das der 41. Grand-Prix-Erfolg von Startplatz eins aus. Dann würde er in dieser Statistik an Michael Schumacher vorbeiziehen und wäre alleiniger Rekordhalter. Vettel kann es verhindern. Taktisch kann er zusammen mit Kollege Räikkönen Hamilton unter Druck setzen. «Ich denken, es ist sehr eng», meinte Vettel mit Blick auf die Leistungen von Mercedes und Ferrari über die Renndistanz.
Fotocredits: Rick Rycroft
(dpa)