Hamburg – Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier tröstete Kapitän Uwe Gensheimer in den Katakomben der Hamburger Arena, Bundestrainer Christian Prokop richtete den Blick kurz nach dem Ende des Gold-Traums der deutschen Handballer schon wieder nach vorn.
Durch die 25:31 (12:14)-Niederlage in einem lange packenden Halbfinale gegen Norwegen hat die DHB-Auswahl den erstmaligen Einzug ins WM-Finale seit dem Triumph vor zwölf Jahren verpasst und spielt nun am Sonntag (14.30 Uhr/ZDF) im dänischen Herning gegen Rekord-Weltmeister Frankreich um die Bronzemedaille. «Wir haben heute nicht am Optimum gespielt. Im Moment ist die Enttäuschung groß», sagte Prokop. «Aber wir haben noch etwas vor und werden aufstehen.»
Steinmeier richtete nach dem Abpfiff aufmunternde Worte an die Mannschaft. «Das war eine ganz tolle Zeit. Schade, heute hat es nicht gereicht. Diese Mannschaft hat begeistert. Das war eine wirkliche, wirkliche Werbung für den Handball», sagte der Bundespräsident. Gemeinsam mit seiner Frau spendete er den Spielern Trost.
Noch in der Nacht wollte sich die Mannschaft per Bus auf den Weg in Richtung Dänemark machen, wo am Sonntag nach dem Spiel um den dritten Platz das Finale zwischen dem Gastgeber und Norwegen stattfindet. «Wir haben heute mit Sicherheit nicht unsere beste Leistung geboten», analysierte Prokop. «Mir hat etwas die Traute aus dem Rückraum gefehlt.»
Trotz der lautstarken Unterstützung der 12.500 Zuschauer in der ausverkauften Hamburger Arena waren die Norweger eine Nummer zu groß. In der extrem schnellen Partie war Gensheimer mit sieben Treffern bester Werfer der deutschen Mannschaft, die erstmals im Turnier Schwächen in der Abwehr offenbarte. Dennoch stellte DHB-Vizepräsident Bob Hanning fest: «Die Jungs haben eine tolle WM gespielt und können stolz auf sich sein.» Bester Werfer der Norweger war Magnus Röd von der SG Flensburg-Handewitt, dem sieben Tore gelangen.
«Wir sind alle sehr enttäuscht, wir haben uns das ein bisschen anders vorgestellt», sagte der Berliner Rückraumspieler Paul Drux, «aber wenn wir alle runterkommen, können wir stolz auf uns sein.» Abwehrspezialist Finn Lemke kommentierte mit belegter Stimme: «Aus unserer Mannschaft kann sich keiner einen Vorwurf machen. Wir haben alles gegeben.»
Dass es zu einer nächsten Nervenschlacht kommen könnte, zeigte sich schon in den Anfangsminuten der Partie. Zunächst führte die deutsche Mannschaft, dann aber drehten die Norweger auf. Konstant stark agierte anfangs die deutsche Abwehr, in der Bundestrainer Prokop im Innenblock erneut von Beginn an auf Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler vertraute. Und was die Abwehr nicht blocken konnte, parierte in den ersten Minuten Torhüter Andreas Wolff. Dennoch hatte der Keeper mit den Rückraumwürfen der Skandinavier permanent Probleme und wurde unter lautem Fluchen schon nach rund 19 Minuten erstmals durch Silvio Heinevetter ersetzt.
Schon im Halbfinale der Europameisterschaft 2016 hatten sich beide Teams einen Showdown bis zum Schluss geliefert. Damals hatte die DHB-Auswahl erst in der Verlängerung hauchdünn mit 34:33 gewonnen – und seitdem sind die Norweger noch stärker geworden. Angestachelt von den lautstarken Fans war die deutsche Mannschaft immer wieder bemüht, die rasanten Gegenstöße der Gäste zu verhindern. So entwickelte sich schnell eine extrem temporeiche Partie.
In seiner ersten Auszeit forderte Prokop seine Schützlinge auf, in Überzahl «nicht zu langsam», sondern «mit Druck» zu spielen. Tatsächlich haperte es an der Entschlossenheit in den deutschen Offensivbemühungen. Zudem sprachen die tschechischen Schiedsrichter teils fragwürdige Zwei-Minuten-Strafen gegen die deutsche Mannschaft aus. Dies nutzten die Norweger in der 27. Minute zur ersten Drei-Tore-Führung.
Teammanager Oliver Roggisch war zur Pause überzeugt: «Wir packen das noch.» Aber die DHB-Auswahl bekam immer größere Probleme mit den Gegenstößen der Norweger, die fast jeden ihrer Versuche erfolgreich verwerteten. «Wir verteidigen nicht gut und sind nicht auf dem Level», sagte Prokop in der ersten Auszeit im zweiten Durchgang. «Wir haben 20 Minuten Zeit, es besser zu machen.» Doch erstmals in diesem Turnier offenbarte Deutschlands Abwehr in einigen Phasen Lücken. Auch die Torhüter waren nicht so stark wie sonst.
Dennoch gab sich die DHB-Auswahl nie auf – auch weil das Publikum nie aufsteckte. Selbst als Abwehrchef Pekeler nach seiner dritten Zeitstrafe die Rote Karte kassierte, kämpfte das deutsche Team weiter – aber Norwegen blieb besser. Vor allem über ihre Kreisläufer kamen die Skandinavier zu Toren und jubelten am Ende ausgelassen über den verdienten Sieg.
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(dpa)