Berlin – Marco Reus muss weiter auf sein Länderspiel-Comeback warten – noch viel überraschender aber kommt beim Endspurt zur WM das aktuelle Nationalmannschafts-Aus für Mario Götze.
Bundestrainer Joachim Löw verzichtet in den ersten Fußball-Länderspielen des WM-Jahres am 23. März in Düsseldorf gegen Spanien und vier Tage später in Berlin gegen Rekordweltmeister Brasilien überraschend auf den umjubelten WM-Finaltorschützen von 2014. Götze steht drei Monate vor dem WM-Start in Russland plötzlich im Abseits – und auch bei Borussia Dortmund muss der 25-Jährige harte Kritik einstecken.
«Ordentliches Passspiel, Bewegung auf gefährlichen Positionen und Tiefgang – da war gar nichts zu sehen», sagte BVB-Coach Peter Stöger nach dem blamablen Europa-League-Aus beim FC Salzburg zu Götze. Löw kommentierte den Verzicht auf den Offensivmann in der offiziellen DFB-Mitteilung nicht, formulierte aber deutlich die allgemeinen Ansprüche an seine WM-Kandidaten: «Für uns stehen Erfolg und Leistung über allem. Wir wollen sehen und spüren, dass die Spieler diesen Zielen alles unterordnen und dafür alles geben.»
Götze war nach seiner Stoffwechselerkrankung erst im November des Vorjahres ins Nationalteam zurückgekehrt. Beim 28-Minuten-Comeback gegen Frankreich hatte der Dortmunder in der Nachspielzeit mit einem feinen Trick noch den 2:2-Ausgleich von Lars Stindl vorbereitet. Den formschwachen Gladbacher nominierte Löw dagegen nun wieder.
Ein hartes Jahr lag für Götze zwischen dem 62. und 63. Länderspiel. Jetzt muss er sich wieder neu empfehlen. Obwohl Löw gleich mit 26 Spielern ins Jahr der angestrebten WM-Titelverteidigung geht, gibt es für den Triumph-Torschützen von Rio de Janeiro derzeit keinen Platz.
«Insgesamt ist die Tür zur Nationalmannschaft noch nicht geschlossen, es gibt noch einige Spieler, die weiter unter Beobachtung stehen und eine Chance haben, wenn sie uns in den nächsten Wochen überzeugen», formulierte Löw allgemein. Das wird schwer: Denn nach dem aktuellen Doppelpack gibt es vor der Nominierung des vorläufigen WM-Kaders am 15. Mai kein Länderspiel mehr. Auch bei Reus, der in Dortmund nach überstandenem Kreuzbandriss bereits wieder gut in Form gekommen ist, aber von Löw aktuell nicht eingeladen wurde, wird der Bundestrainer in den kommenden Bundesligaspielen genau hinschauen.
«Bei Marco ist uns wichtig, dass er behutsam und ohne weiteren Druck ans oberste Level herangeführt wird und an Stabilität gewinnt», sagte Löw. Offensivspieler Reus hatte wegen schwerer Verletzungen schon die WM 2014 und die EM 2016 verpasst. Sein bislang letztes von nur 29 Länderspielen liegt inzwischen zwei Jahre zurück.
Für die WM ab 14. Juni in Russland könnte Reus in den Plänen des Bundestrainers trotzdem eine wichtige Rolle spielen, wenn der Dortmunder gesund ist. Reus hatte sich am Donnerstag in Salzburg eine Adduktoren-Blessur zugezogen und war zur Halbzeit in der Kabine geblieben. Götze war von BVB-Trainer Stöger nach 45 Minuten wegen einer schwachen Leistung vom Platz genommen worden. «Ich bin dem Trainer dankbar, dass er mich auf meine Defizite hingewiesen hat, und ich werde stark daran arbeiten», sagte Götze als Reaktion bei sportbild.de.
Mit dem großen Kader schürt Löw auch weiter den Konkurrenzkampf. «Wenn wir in Russland wieder erfolgreich sein wollen, müssen wir zuallererst wieder diesen bedingungslosen Hunger auf Erfolg haben», betonte der Weltmeistercoach. Der Kölner Jonas Hector feiert nach längerer Verletzungspause sein Länderspiel-Comeback. Auch der Berliner Marvin Plattenhardt erhält wieder eine Chance.
Im Wettrennen um einen Platz im WM-Kader können sich die beiden Mittelstürmer Sandro Wagner (FC Bayern) und Mario Gomez (VfB Stuttgart) noch einmal beweisen. Der Leipziger Timo Werner ist als erster Angreifer im Löw-Kader derzeit gesetzt. Insgesamt sind acht Weltmeister von 2014 und 17 Confed-Cup-Sieger von 2017 noch dabei.
Einen Neuling – im Gespräch war der Augsburger Philipp Max – nominierte der Bundestrainer nicht. Im Tor vertraut Löw, der noch immer auf den verletzten Stammkeeper Manuel Neuer verzichten muss, weiter auf Marc-André ter Stegen (FC Barcelona), Bernd Leno (Bayer Leverkusen) und Kevin Trapp (Paris Saint-Germain).
«Natürlich wissen wir, dass nun die entscheidenden Wochen mit den Clubs anstehen. Das hat aktuell Priorität für sie», bemerkte Löw. Umso wichtiger sei, dass alle Spieler schon jetzt wissen, «worauf es uns ankommt, bevor wir das endgültige WM-Aufgebot benennen». Deutschland trifft in Russland in der Vorrunde auf Mexiko, Schweden und Südkorea. Das Ziel Titelverteidigung ist längst formuliert.
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(dpa)