Berlin – Mit Silber um den Hals waren Kristina Vogel und Miriam Welte bei der Siegerehrung noch zu Scherzen aufgelegt, danach schlug das deutsche Erfolgsduo ernstere Töne an.
Der zweite Platz im Teamsprint bei den Bahnrad-Europameisterschaften in Berlin am Donnerstag konnte die Unstimmigkeiten über die Trainingsgestaltung und die Nominierung des Bundestrainers Detlef Uibel bei den einzelnen Läufen nicht überdecken.
«Wir sind in der Vorbereitung nicht einmal gemeinsam Teamsprint gefahren, was wir sonst immer gemacht haben. Ich glaube, dass das vielleicht ein Fehler war», monierte Welte und fügte hinzu: «Ich will keinem die Schuld in die Schuhe schieben. Das war auch in Absprache mit den Heimtrainern. Wichtig ist für die Zukunft, dass man Teamsprint-Einheiten mit einbaut.»
Die Golden Girls von London 2012 waren jedenfalls von einem perfekten Lauf weit entfernt, einmal mehr hatten Vogel und Welte gegen das russische Weltmeister-Duo Anastasija Woinowa und Daria Schmelewa das Nachsehen. Dabei hatte Uibel in der Qualifikation zunächst Pauline Grabosch den Vorzug vor Welte gegeben, im Halbfinale und Finale kam dann wieder die deutsche Erfolgskombination zum Einsatz. «Das war die Entscheidung des Bundestrainers. Für mich war das nicht unbedingt nachvollziehbar, weil ich im Training schneller war», ergänzte Welte.
Vielmehr sei es der Wunsch der Fahrerinnen gewesen, Vogel im ersten Lauf eine Pause zu gönnen. Denn die Sprint-Olympiasiegerin musste als Schlussfahrerin jeweils eine Runde mehr am Anschlag fahren und das in drei Läufen, was Vogel selbst als «fast schon mörderisch» empfand. Das Risiko, auf seine Vorzeigefahrerin zu verzichten und in der Qualifikation womöglich zu straucheln, war Uibel aber wohl zu groß.
Doch egal ob drei oder zwei Läufe, Vogels Probleme bei der Beschleunigung sind offenkundig. So musste Anfahrerin Welte im Finale schon einen größeren Gang fahren, damit das Loch zu Vogel nicht zu groß wurde. «Kristina ist eine super Schnellfahrerin, kann Keirin und Sprint fahren. Aber diese Beschleunigung aus dem Stand fällt ihr von Jahr zu Jahr schwieriger», meinte Uibel und spricht bei seinem Superstar von «einem Spagat», der zu bewältigen sei. Man könne zwar an den Problemen arbeiten, aber dann verliere Vogel womöglich ihre anderen Fähigkeiten.
So hält es Uibel auch für vorstellbar, Vogel ganz aus dem Teamsprint rauszunehmen. «Es kann auch sein, dass wir sagen: Okay, Richtung Olympia macht Vogel ihr Einzelding und die anderen machen den Teamsprint. Da sind wir relativ flexibel», ergänzte der Coach. Damit wäre die Erfolgskombination im deutschen Bahnradsport gesprengt. Denn Vogel und Welte haben sich seit Jahren einen Namen gemacht. Unvergessen, als sie 2012 nach technischen Patzern der Konkurrenz völlig überraschend Gold bei den Olympischen Spielen gewannen. Danach ließ das sympathische Duo noch drei Weltmeistertitel folgen, in Rio 2016 sprang schließlich noch Bronze heraus.
Danach hatte zunächst Welte angedeutet, nicht mehr bis Tokio weitermachen zu wollen. Davon ist die 30-Jährige inzwischen abgerückt. «Ich bin jetzt schon ein alter Hase, aber es wäre cool, wenn es für Tokio noch einmal klappt», sagte die Pfälzerin, die noch einmal aufs Podium bei Olympia will – am liebsten mit Vogel.
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(dpa)