Zürich – Groß, größer, Fußball-WM. Die historische Entscheidung für eine Weltmeisterschaft im XXL-Format mit 48 Teams hat bei den deutschen Champions großes Unverständnis ausgelöst.
«Ich finde das bisherige WM-Format mit 32 Mannschaften immer noch gut und kann aus rein sportlicher Sicht einer Aufstockung gar nichts abgewinnen», sagte Bundestrainer Joachim Löw kurz nach dem Beschluss des FIFA-Councils, die Teilnehmerzahl vom Turnier 2026 an zu erhöhen. Auch Oliver Bierhoff fand schnell kritische Worte. «Wir müssen aufpassen, dass der Wert und der Kern des Fußballs erhalten bleiben und die Fans weiterhin spüren, dass es primär um den Fußball auf dem Platz geht», sagte der DFB-Teammanager.
Im Eiltempo hatte die FIFA zuvor die vor allem in Deutschland umstrittenen Pläne von Präsident Gianni Infantino für das Mega-Event durchgewunken. In neun Jahren wird der Fußball-Weltmeister erstmals bei einem Turnier mit 48 Mannschaften gekürt. Auch die von Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge angeführte Vereinigung der europäischen Spitzenclubs reagierte umgehend empört und beklagte, in die Entscheidung nicht adäquat eingebunden gewesen zu sein.
Das FIFA-Council beschloss die Aufstockung um satte 50 Prozent bei seiner Sitzung in Zürich einstimmig – und im Blitzverfahren. Nach nur etwas mehr als 90 Minuten wurde die Nachricht vom Weltverband per Twitter verkündet. Das Mega-Turnier soll der FIFA Mehreinnahmen von rund einer Milliarde Dollar bringen. Politische und ökonomische Gründe sprachen für die Aufblähung – sportlich ist das Format höchst diskutabel.
Statt der bislang acht Gruppen mit jeweils vier Teams wird es in neun Jahren in der Vorrunde 16 Gruppen mit je drei Mannschaften geben. Voraussichtlich werden die Teams auf den Plätzen eins und zwei jeder Gruppe in die neue K.o.-Zwischenrunde einziehen. Danach geht es wie beim bislang üblichen 32er-Format mit dem Achtelfinale weiter. Der Weltmeister muss somit bis zum Titel wie bislang sieben Spiele absolvieren. Darauf hatten die Kritiker aus Europa massiv gedrängt. Andere Details zur Mega-WM wollte die FIFA erst nach Ende der Sitzung bekanntgeben.
Man müsse diese Einzelheiten vor einer Bewertung abwarten, sagte Bayern-Coach Carlo Ancelotti im Trainingslager in Katar. Die FIFA habe versprochen, dass sie die Zahl der Spiele für jedes Team nicht ändern werde. Der Kalender ist dem Italiener aber ohnehin zu voll.
Die Gesamtzahl der WM-Spiele steigt voraussichtlich von 64 auf 80 Partien. 2018 und 2022 findet die WM noch mit 32 Teams statt, da für die Turniere schon entsprechende Marketing-Deals abgeschlossen sind. Den FIFA-Funktionären lagen insgesamt vier Reformmodelle vor, darunter zwei mit 40 Teams, die durch andere Vorrundenkonstellationen noch mehr WM-Spiele bedeutet hätten. Diese Varianten wurden abgelehnt, wie auch das Format mit einer Playoffrunde vor dem eigentlichen Turnierstart.
Ob es wie von Infantino angeregt bei der XXL-WM keine Unentschieden mehr geben und jede Partie auch in der Vorrunde bei Gleichstand mit einem Elfmeterschießen entschieden werden wird, steht allerdings noch nicht fest. Sinnvoll ist diese historische Regeländerung wegen des krummen Modus, weil sonst Mauscheleien im letzten Gruppenspiel recht einfach wären.
Auch droht die Gefahr, dass nach nur drei Partien alle Teams punkt- und torgleich sind. Drei Teams pro Gruppe hatte es bei einer WM letztmals 1982 in Spanien in einer Zwischenrunde gegeben. Deutschland kam damals auch ins Halbfinale, weil die schon ausgeschiedenen Gastgeber sich im letzten Spiel gegen England nicht hängen ließen und ein 0:0 erkämpften.
Auch die Verteilung der Startplätze pro Konföderation wurde zunächst noch nicht beschlossen. Voraussichtlich soll die sportpolitisch brisante Frage der Quotenplätze bis zum FIFA-Kongress im Mai in Bahrain geklärt werden. Europa hat derzeit mit 13 Startern das größte Kontingent. Infantino hatte besonders Afrika und Asien mehr WM-Teilnehmer versprochen.
DFB-Chef Reinhard Grindel hatte schon vor der Council-Sitzung die UEFA-Mitglieder aufgefordert, gemeinsam für möglichst viele WM-Starter aus Europa zu kämpfen. «Bei den offenen Fragen, beispielsweise der Zahl der Startplätze für die einzelnen Kontinentalverbände, müssen wir nun in der UEFA zusammenfinden und eine gute, gemeinsame Lösung entwickeln», sagte er nach dem Beschluss. Im FIFA-Council hat der Deutsche Fußball-Bund nach dem Ausscheiden von Wolfgang Niersbach derzeit keine Stimme.
Auch die aktuellen Weltmeister sehen die Aufstockung kritisch. «Grundsätzlich war ich schon immer ein Freund davon, gegen große Namen zu spielen und gegen große Mannschaften», sagte Welttorwart Manuel Neuer. «Ich mag einfach Highlight-Spiele. Wir werden sehen, wo das hinführt», betonte der Bayern-Schlussmann am Montagabend, als sich die nun getroffene Entscheidung bei der FIFA-Weltfußballer-Gala bereits abzeichnete.
Ungewiss ist weiterhin, wo die WM stattfinden wird. Der FIFA-Kongress wird den oder die Gastgeber nach derzeitigem Stand erst im Jahr 2020 bestimmen. Als Favoriten gelten die USA und Kanada, eventuell als Co-Ausrichter. Auch Mexiko könnte dazustoßen.
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(dpa)