Monza – Im roten Tollhaus von Monza ließ sich Charles Leclerc als neuer König von Ferrari feiern, Sebastian Vettel schob nach einem Fiasko Frust.
Schwer geschlagen kam der Hesse nach einem Dreher und einer Zeitstrafe als 13. ins Ziel. «Ein guter Tag fürs Team, aber kein guter Tag für mich», sagte Vettel mit finsterer Miene.
Die Gesänge der Tifosi galten diesmal allein seinem Stallrivalen Leclerc, der mit einer knallharten Triumphfahrt für den ersten Formel-1-Sieg der Scuderia in Italien seit neun Jahren gesorgt hatte. «Was für ein Rennen, ich war noch nie so erschöpft», sagte der 21 Jahre alte Monegasse und fügte auf italienisch hinzu: «Ein Traum ist wahr geworden.»
Mit seinem zweiten Triumph in Serie hat Leclerc die Herzen der Ferraristi im Sturm erobert. Sogar Teamchef Mattia Binotto filmte die Jubelszenen mit dem Handy vom Zaun. «Das war wirklich fantastisch», sagte Ferrari-Chef Louis Camilleri, als die Fans die Zielgerade in ein Meer von Rot verwandelten.
Zweiter wurde Valtteri Bottas im Mercedes. Der WM-Führende Lewis Hamilton musste sich wegen eines Fahrfehlers im Silberpfeil mit Platz drei und der schnellsten Rennrunde begnügen, hatte sich zuvor nach einem giftigen Zweikampf mit Leclerc aber über zweifelhafte Verteidigungsmanöver des Monegassen beklagt. «Ferrari hat einen Superjob gemacht, Charles war heute einfach schneller», sagte der 34-Jährige.
Mit nun 284 Punkten ist der Brite seinem sechsten WM-Titel wieder näher gekommen. Der Finne Bottas bleibt mit 63 Zählern Rückstand Gesamtzweiter. Leclerc zog indes am glücklosen Vettel vorbei und ist nun WM-Vierter hinter Red-Bull-Fahrer Max Verstappen. Einen starken Tag erwischte Nico Hülkenberg, der im Renault Fünfter wurde.
Bei der Startplatzjagd am Samstag hatte sich die Formel 1 noch nach Kräften blamiert. In Nervenspiel um eine gute Position im Windschatten hatten die Topfahrer zu lange an der Box gewartet und dann auf der Strecke das Taktieren und Trödeln übertrieben – prompt war die Zeit für eine letzte schnelle Runde für die Favoriten abgelaufen.
Besonders ärgerlich war das für Vettel, der eigentlich wie zuvor abgesprochen im Sog von Leclerc zur Pole Position rasen wollte. Stattdessen musste er sich auf Rang vier einordnen. «Wir hätten das besser abliefern können und haben unsere Lektion gelernt», sagte Teamchef Binotto am Sonntag am RTL-Mikrofon. Vettel und Leclerc hätten die Unstimmigkeiten aber miteinander geklärt.
Im Rennen aber sammelte Vettel schnell neuen Frust. Nach wenigen Kurven musste er Landsmann Hülkenberg im Renault vorbei lassen. Zu Beginn der zweiten Runde holte sich Vettel zwar Platz vier zurück, leistete sich dann aber wenig später einen folgenschweren Fehler.
In der Ascari-Kurve drehte sich der gebürtige Heppenheimer und rutschte ins Gras. Quer zur Fahrbahn rollte er auf den Asphalt zurück, Lance Stroll im Racing Point konnte nicht mehr ausweichen und rumpelte über den Frontflügel von Vettels Ferrari. «Er kam auf die Strecke zurück wie ein Idiot», schimpfte der Kanadier am Funk.
Umgehend verdonnerten die Rennkommissare Vettel zu einer 10-Sekunden-Strafe, die er vor der Garage abbrummen musste. Mit einer Runde Rückstand war das Rennen für den viermaligen Weltmeister schon in der 13. der 53 Runden gelaufen. Schon im Vorjahr hatte sich Vettel in Monza einen unnötigen Dreher geleistet und einen entscheidenden Rückschlag im Titelkampf erlitten.
In diesem Jahr machte Vettel unter Druck erneut zu viele Fehler und muss inzwischen befürchten, auch in der internen Hierarchie seinem Rivalen Leclerc den Vortritt lassen zu müssen. Der junge Monegasse verteidigte seine Pole Position am Start geschickt gegen Hamilton und blieb auch nach dem Reifenwechsel vorn. Doch es war ganz knapp.
Prompt suchte Hamilton seine Chance, doch Leclerc wehrte den Überholversuch des Titelverteidigers knallhart ab. Der Brite musste durch das Kiesbett ausweichen. «Er hat mir keinen Platz gelassen, er hat mich abgedrängt», wetterte der Champion. Die Rennrichter verwarnten Leclerc, sahen aber von einer Strafe ab.
Weiter ging die wilde Hatz. Auch einen Verbremser von Leclerc konnte Hamilton nicht nutzen, zumal die Rennleitung auch ein weiteres grenzwertiges Verteidigungsmanöver des Youngsters nicht ahndete.
Als Hamilton dann kurz neben die Strecke geriet, war der Weg endgültig frei für Leclerc. Bottas holte auf den letzten Kilometern zwar noch einmal gewaltig auf, patzte dann aber beim Überrunden. So durften die Ferrari-Fans endlich wieder einen Heimsieg bejubeln.
Fotocredits: Antonio Calanni,Luca Bruno,Antonio Calanni,Daniel Dal Zennaro
(dpa)