Frankfurt/Main/München – Die Ära von Trainer Niko Kovac beim FC Bayern München ist nach der 1:5-Blamage beendet.
Einen Tag nach dem Debakel des deutschen Fußball-Rekordmeisters bei Eintracht Frankfurt gab der Bundesligist die Trennung von seinem schwer angeschlagenen Coach bekannt und bestätigte damit einen Bericht der «Bild»-Zeitung vom Sonntagabend.
Bis auf weiteres wird Co-Trainer Hans Flick die Mannschaft betreuen. Er wird bereits am Mittwoch in der Champions League gegen Olympiakos Piräus und im Bundesligagipfel gegen Borussia Dortmund auf der Bayern-Bank sitzen.
Am Samstag schwiegen die Bosse, am Sonntag handelten sie. «Die Leistungen unserer Mannschaft in den vergangenen Wochen und auch die Resultate haben uns gezeigt, dass Handlungsbedarf bestand», sagte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge in einer Vereinsmitteilung. «Uli Hoeneß, Hasan Salihamidžić und ich haben mit Niko auf diese Grundlage am heutigen Sonntag ein offenes und seriöses Gespräch geführt mit dem einvernehmlichen Ergebnis, dass Niko nicht mehr Trainer des FC Bayern ist. Wir alle bedauern diese Entwicklung.»
Auch der Sportdirektor meldet sich zu Wort. «Ich erwarte jetzt von unseren Spielern eine positive Entwicklung und absoluten Leistungswillen, damit wir unsere Ziele für diese Saison erreichen», forderte Salihamidžić.
Am Morgen nach dem Spiel sah die Lage noch anders aus. Mit Wollmütze und Winterjacke hatte der 48-jährige Kovac wie gewohnt am Sonntagvormittag das Training der Krisen-Bayern geleitet. Was als öffentliche Einheit geplant war, fand kurzfristig abgeschottet vor vielen neugierigen Blicken statt.
«Ich denke, dass dies zum jetzigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung für den Klub ist. Die Ergebnisse und auch die Art und Weise, wie wir zuletzt gespielt haben, haben mich zu diesem Entschluss kommen lassen», sagte Kovac und meinte etwas wehmütig: «Es war eine gute Zeit. Ich wünsche dem Klub und der Mannschaft alles erdenklich Gute.»
Vor knapp einem Jahr markierte die Champions League für Kovac den Wendepunkt. Nach dem 3:3 in der Bundesliga gegen Düsseldorf stand er vor dem Aus, ein furioses 5:1 am 27. November gegen Benfica Lissabon rettete seinen Job. «Ich bin nicht blauäugig. Ich habe im letzten Jahr nicht aufgegeben und werde auch jetzt nicht aufgeben», hatte der Trainer in Frankfurt noch gesagt.
Kovac holte in der vergangenen Saison das Double – die grundsätzlichen Zweifel an seiner Arbeit blieben. Die mächtigen Bosse Rummenigge und Uli Hoeneß hatten ihren schwer angeschlagenen Coach nach der einer Zäsur gleichenden Pleite am Samstag mit keinem Wort gestärkt. Nach dem von einem frühen Platzverweis von Jérôme Boateng beschleunigten sportlichen Zerfall wirkte Kovac beim deutschen Meister wie ein Einzelkämpfer.
Drei knappe und hart erkämpfte Siege über Union Berlin, Piräus und den VfL Bochum hatten ohne Glanz und Souveränität schon immer lautere Zweifel an ihm geweckt. Das überdeutliche 1:5, nach dem sich die Bayern-Profis kollektiv in der eigenen Kurve entschuldigten, kam nun zur absoluten Unzeit.
Präsident Uli Hoeneß will einen prächtigen Abschied, wenn er auf der Mitgliederversammlung des FC Bayern am 15. November nicht mehr als Präsident kandidieren will. Nun dürften die Trainer-Turbulenzen das lange geplante «Servus» des Kovac-Befürworters aber überschatten.
Rummenigge galt nicht als Fan des ehemaligen kroatischen Nationaltrainers. Längst werden mögliche Nachfolger für Kovac gehandelt – wie das eigenwillige Leipziger Mastermind Ralf Rangnick, der bei Juventus Turin ausgeschiedene Dauermeister Massimiliano Allegri oder der frühere Bayern-Nachwuchscoach Erik ten Hag von Ajax Amsterdam.
Zuletzt war es nicht nur die fehlende Konstanz, die dem Trainer vermehrt Kritik einbrachte. Mit dem überflüssigen «Not-am-Mann»-Kommentar zum häufig als Reservisten eingesetzten Thomas Müller machte sich Kovac keine Freunde. Nach schwachen Spielen nahm er stärker die Profis in die Kritik und sich selbst davon aus.
Auch dass Kovac seine Stärken als Trainer in den Punkten Kompaktheit und Defensivverhalten hat, war zuletzt überhaupt nicht mehr zu sehen. 16 Gegentore sprechen eine klare Sprache: Das sind mehr als bei Aufsteiger Union Berlin und so viele wie zu diesem Saisonzeitpunkt zuletzt unter Jürgen Klinsmann im Jahr 2008.
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(dpa)