Rio de Janeiro – Als deutscher Fahnenträger bei der Eröffnungsfeier hatte Timo Boll einen großen emotionalen Auftritt und stand tagelang im Rampenlicht. An der Tischtennisplatte ist der frühere Weltranglisten-Erste allerdings früh ausgeschieden.
Reflexhaft wischte er mit seinem weißen Handtuch noch einmal über die Tischtennisplatte. Auch im fünften – und wohl letzten – Anlauf hat Boll Einzel-Medaille verpasst. Der sechsmalige Europameister unterlag in Rio de Janeiro im Achtelfinale dem Nigerianer Quadri Aruna mit 2:4-Sätzen. Jetzt kann der 35-Jährige nur noch auf seine dritte Medaille mit der Mannschaft hoffen.
Mächtig zu kämpfen hatte zuvor Dimitrij Ovtcharov: Der an Position drei gesetzte Europameister gewann im Riocenter 3 gegen Li Ping aus Katar nach einem Sieben-Satz-Krimi mit 4:3.
Boll musste die ersten drei Sätze mit 10:12, 10:12 und 5:11 abgeben. Dann schaffte er ein 11:3 im vierten Durchgang und gewann auch den nächsten Satz – die Wende schien möglich. Doch am Ende bejubelte Aruna mit einem riesigen Luftsprung den Einzug ins Viertelfinale.
Dort wäre Boll im Falle des Weiterkommens ohnehin auf Weltmeister und Topfavorit Ma Long aus China getroffen, der den Südkoreaner Youngsik Jeoung mit 4:0 bezwang. So weit kam es aber nicht. Boll, der bereits in seinem ersten Spiel gegen den Russen Alexander Shibajew (4:3) große Mühe hatte, fand kein Mittel gegen Aruna.
Der Weltranglisten-13. aus Düsseldorf hätte bei einem Sieg erstmals überhaupt im Einzel bei Olympia gegen einen Chinesen gespielt. Bei seinen vier Teilnahmen zuvor war Boll immer gegen andere Spieler ausgeschieden: 2000 im Achtelfinale gegen Werner Schlager aus Österreich, 2004 im Viertelfinale gegen Jan-Ove Waldner aus Schweden, 2008 im Achtelfinale gegen Oh Sang-Eun aus Südkorea und 2012 ebenfalls im Achtelfinale gegen Adrian Crisan (Rumänien).
Die deutschen Hoffnungen ruhen nun auf Dimitrij Ovtcharov. Der Olympia-Dritte von London trifft am späten Montagabend (Ortszeit) auf den Slowenen Bojan Tokic. Frühestens im Halbfinale droht Ovtcharov der Chinese Zhang Jike, Olympiasieger von 2012, als Gegner.
Bei den Frauen erlitt Olympia-Debütantin Petrissa Solja eine 0:4-Niederlage gegen die Nordkoreanerin Myong Sun Ri. «Ich habe schlecht geschlafen, gefühlt nur zwei Stunden. Ich hatte auch Albträume», meinte die Berlinerin enttäuscht nach ihrem ersten Match.
Die deutsche Spitzenspielerin Han Ying überzeugte hingegen auch einen Tag nach ihrem Erfolg gegen die Thailänderin Nanthana Komwong. Die gebürtige Chinesin und Weltranglisten-Siebte besiegte im Achtelfinal-Duell der Abwehrspezialistinnen Li Xue aus Frankreich mit 4:1.
Ying trifft nun allerdings auf die chinesische Topfavoritin Ding Ning. «Sie ist an Nummer 1 gesetzt, ich an Nummer 5. Die Chance gegen sie ist wirklich gering», meinte sie, «aber ich werde es einfach probieren.» Die 33 Jahre alte Ying bestreitet ihre ersten Olympischen Spiele. Sie hatte 2010 die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten und startet inzwischen für den polnischen Club KTS Zamek Tarnobrzeg.
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(dpa)