St. Moritz – Inmitten dieses famosen Happy Ends konnte selbst der erfahrene Felix Neureuther die Tränen nicht mehr zurückhalten. Nach dem Gewinn der Bronzemedaille im WM-Slalom von St. Moritz drehte sich der Skirennfahrer aus Partenkirchen immer wieder schluchzend weg.
«Das ist der Wahnsinn!», sagte der 32-Jährige, «jetzt kommt einfach alles hoch.» Im wohl letzten WM-Rennen seiner Karriere hatte Neureuther eine atemberaubende Aufholjagd von Rang zehn im ersten Lauf bis auf dass Podest hingelegt und seine fünfte Medaille bei Weltmeisterschaften gefeiert. Zugleich bescherte er dem Deutschen Skiverband im Engadin doch noch das ersehnte Edelmetall.
«Das ist sehr emotional für mich, das muss ich wirklich sagen», bekannte Neureuther und erinnerte sich an all die Jahre im alpinen Ski-Zirkus sowie vor allem die schwierige Zeit bei dieser WM in St. Moritz mit enttäuschenden Ergebnissen und zu allem Überfluss auch noch einer Rückenblessur. «Eigentlich hat es hier nicht schlechter laufen können», betonte Neureuther, ehe ihm wieder die Stimme versagte. «Normal bin ich nicht so eine Pussy, aber heute…».
Als die Medaille sicher war, hatte Neureuther vor zigtausenden Fans am Fuße der Corviglia-Piste ein lautes «Yes!!!» gebrüllt, war in den Zielauslauf gerannt und hatte den österreichischen Weltmeister Marcel Hirscher umarmt. Dieser schien ebenso baff über den Podiumsrang seines Kumpels zu sein wie dieser selbst. «Felix, was machst du denn hier?», fragte Hirscher und freute sich «gewaltig» für Neureuther, mit dem er sich seit Jahren packende Duelle auf der Piste liefert. Die Silbermedaille ging an Hirschers Teamkollegen Manuel Feller.
Neureuther feierte in der Schweiz seine insgesamt fünfte WM-Medaille nach Team-Gold 2005 in Bormio, Slalom-Silber und Team-Bronze 2013 in Schladming sowie Slalom-Bronze vor zwei Jahren in Vail/Beaver Creek. Auf dem Siegerpodest schloss Neureuther die Augen und genoss den Jubel der Fans. «Jetzt stehe ich hier oben, das ist so emotional, weil man auch viel mitgemacht hat», sagte er und erinnerte an all jene, die in schwierigen Zeiten für ihn da waren, vor allem seine Freundin Miriam Gössner. «Man denkt an alle, an die Miri zu Hause, der es nicht gut geht. Das ist wirklich für sie, das muss ich sagen.» Bundestrainer Mathias Berthold meinte: «Boah, wie geil ist das!»
Der Star von St. Moritz war indes Hirscher. Dem Österreicher gelang beim Saison-Höhepunkt die Revanche für neun zweite Plätze in dieser Saison. Durch die Erfolge in Riesenslalom und Slalom avancierte er zum zweiterfolgreichsten WM-Teilnehmer der Historie. Mit sechs Goldplaketten hat er eine weniger als sein Landsmann Toni Sailer. Zugleich setzte sich Österreich im Medaillenspiegel von St. Moritz mit dreimal Gold, viermal Silber und zweimal Bronze an die Spitze.
Aus dem DSV landeten Linus Straßer auf Rang 20, Dominik Stehle auf Platz 21 und Stefan Luitz auf Rang 28. Straßer hatte den ersten Lauf zu ungestüm absolviert. «Aber ich werfe mir nichts vor. Das ist eine WM, die findet nur alle zwei Jahre statt», sagte er. «Wenn man es nicht so angeht, weiß ich nicht, wie sonst», ergänzte der Zwölfte des WM-Riesenslaloms. «Am Ende ist es schade, aber kein Beinbruch.»
Dieser sprichwörtliche Beinbruch blieb dem DSV letztlich dank seines Erfolgsgaranten Neureuther erspart, auch wenn das Medaillenziel von je einer Plakette bei den Damen, Herren und im Team verfehlt wurde. Nach der Saison will der Verband die Performance aufarbeiten, wie Alpin-Direktor Wolfgang Maier verkündete. Am Sonntag aber überwog am Ende auch bei ihm die Freude: «Felix hat uns den Arsch gerettet.»
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(dpa)