Melbourne – Sebastian Vettel hatte Redebedarf. Lange verharrte der 31-Jährige am Ferrari-Kommandostand und suchte nach Erklärungen für die erneute Schlappe gegen Lewis Hamiltons Mercedes-Team in der ersten Qualifikation der neuen Formel-1-Saison.
«Ich bin wirklich erstaunt, wir haben einige Hausaufgaben zu erledigen», sagte der Hesse nach der Startplatzjagd in Melbourne. Weltmeister Hamilton holte sich zum sechsten Mal in Serie die Pole Position für das Auftaktrennen im Albert Park, der Finne Valtteri Bottas steuerte den zweiten Silberpfeil auf Rang zwei.
Hamiltons Vorsprung auf Vettel war mit 0,7 Sekunden unerwartet groß. Entspannt hockte sich der Brite danach vor die Fotowand des Weltverbands, schoss ein paar Handyfotos und wartete geduldig auf den auch hier verspäteten Vettel. «Wir haben in den vergangenen Tagen große Schritte nach vorn gemacht», stellte der 34-Jährige fest. Noch bei den Testfahrten in Barcelona sei Ferrari schneller gewesen. Davon war in Australien nichts mehr zu sehen.
«Es hat sich nicht so gut angefühlt wie bei den Tests», räumte Vettel ein. «Wir machen uns noch keine großen Sorgen, aber es ist sicher nicht toll», fügte er hinzu. In den beiden vergangenen Jahren hatte Vettel das Auftaktrennen gewonnen. Mit einem weiteren Sieg würde er diesmal gern Schwung holen für den ersten WM-Titel mit der Scuderia in seinem fünften Vertragsjahr.
Diese Hoffnung erhielt am Samstag einen ziemlichen Dämpfer angesichts des Vorsprungs der Serien-Champions in Silber. Immerhin ließ Vettel seinen neuen Teamkollegen hinter sich. Der 21 Jahre alte Charles Leclerc aus Monaco reihte sich hinter Red-Bull-Fahrer Max Verstappen aus den Niederlanden auf Rang fünf ein. Renault-Pilot Nico Hülkenberg wurde Elfter.
Mit Hamilton konnte indes trotz Bremsproblemen wieder einmal keiner mithalten, auch wenn sich der Titelverteidiger im finalen Durchgang zunächst einen Fahrfehler erlaubte. «Das ist ungewöhnlich für mich», sagte der fünfmalige Weltmeister. Seine Schlussrunde passte dann wieder perfekt, in 1:20,486 Minuten fuhr Hamilton Streckenrekord. «Ich zittere ein bisschen, es war so unglaublich da draußen», sagte der Mercedes-Superstar.
Damit steht er am Sonntag (6.10 Uhr/RTL und Sky) zum 84. Mal in seiner Karriere auf dem besten Startplatz. Zudem egalisierte er den Rekord von Michael Schumacher und Ayrton Senna, die ebenfalls acht Mal auf einer Strecke eine Pole Position erobert hatten.
Vettel erlebte dagegen einen ernüchternden Arbeitstag. «Wir verlieren Zeit in allen Kurven», analysierte der Heppenheimer. Im zweiten Abschnitt war Vettel zu sehr ans Limit gegangen und nach Kurve elf ins Kiesbett geraten. «Ich war etwas neidisch auf Valtteri Bottas, der im Winter Rallye gefahren ist. Das hätte ich auch gern gemacht. Vielleicht hatte ich das im Hinterkopf. Aber es war der falsche Zeitpunkt», scherzte Vettel. Seinen Humor hat er sich vorerst noch bewahrt.
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(dpa)