Hockenheim – Gerhard Berger hat keine der Regeländerungen für die neue DTM-Saison erfunden. Weder die gut 30 PS mehr für die Rennwagen, noch das Verbot des Boxenfunks oder die kleineren Crews beim Reifenwechsel.
Die deutlich weichere Reifenmischung war schon vor der Verpflichtung des ehemaligen Formel-1-Fahrers als neuer Chef der DTM beschlossene Sache. Dennoch herrschte in der zuletzt nicht mehr ganz so populären Tourenwagenserie schon lange vor dem Auftaktrennen am Samstag in Hockenheim (14.45 Uhr) eine regelrechte Euphorie – und das insbesondere bei den 18 Fahrern.
«Viele Änderungen waren schon beschlossen, bevor er dazu gekommen ist. Wir können also nicht sagen, er hat die Richtung geändert und alles ist besser, weil er hier ist», sagte Mercedes-Routinier Gary Paffett der Deutschen Presse-Agentur. Den Vorschlag mit einem Restart nach einer Safety-Car-Phase im Indianapolis-Stil, also fliegend mit zweireihiger Formation und erlaubten Positionskämpfen, habe die Fahrergewerkschaft DTMDA «schon vor mehr als einem Jahr» gemacht, sagte Paffett vor seiner 14. Saison. Aber: «Der Unterschied ist: Er hört zu, was wir zu sagen haben. Und er setzt es um.»
Dinge veränderten sich inzwischen schneller. «Er hört was, es gefällt ihm – und dann ist es erledigt. Wir müssen nicht Jahre warten, bis es Veränderungen gibt», meinte Paffett. Die Vorschusslorbeeren vergibt der von seinen Fahrer-Kollegen zum Meisterschaftsfavoriten gewählte Brite nicht allein. In der gleichen Umfrage der Deutschen Presse-Agentur sagten 17 der 18 Piloten: Ja, Gerhard Berger als neuer Chef ist eine gute Sache für die DTM. Ein Fahrer enthielt sich. «Er weiß, was es für die Show und das Racing braucht», sagte BMW-Pilot Marco Wittmann, der als Titelverteidiger in die Saison geht.
Dass er am Ende der Saison von Fans und Medien gelobt oder kritisiert werden wird für Regeländerungen, für die er größtenteils gar nichts kann, ist Berger vollkommen bewusst. Aber es ist ihm egal. «In dem Moment, wo ich mich für die DTM entschieden habe, gehöre ich dazu. An den guten und schlechten Tagen», sagte der Österreicher, dessen Verpflichtung als Nachfolger von Hans Werner Aufrecht am 21. März offiziell verkündet wurde.
Die im Verbund der Hersteller Audi, BMW und Mercedes, dem Deutschen Motor Sport Bund (DMSB) und der DTM-Dachorganisation ITR zuvor erarbeiteten Neuerungen lobte der 57-Jährige, mahnte aber auch zu Geduld: «Das ist die richtige Richtung. Aber man muss die ersten zwei Rennen abwarten, bevor man sagen kann, was wirklich funktioniert.»
Gefällt ihm etwas nicht, hat Berger gute Voraussetzungen, sich mit seinen Bedenken durchzusetzen. Vorgänger Aufrecht litt in den letzten Monaten seiner mehr als 30 Jahre währenden Ära an der DTM-Spitze zunehmend unter der Ablehnung der Hersteller, die dem Tüftler zunehmend die Unterstützung verweigerten und ihn schleichend entmachteten.
Berger dagegen, der neben seiner Erfahrung als Fahrer in der Formel 1 und anderen Serien auch seine Zeit als Motorsportchef bei BMW vorweisen kann, kommt mit dem Mandat der drei Branchengrößen in die Serie und wird sich bei Auseinandersetzungen entsprechend leichter tun. «Es ist über die drei Motorsportchefs eingeleitet worden, aber mit der Rückendeckung der Vorstände», beschrieb er den Ablauf seiner Verpflichtung.
Dass in einem Jahr auch über Regeländerungen gesprochen wird, die auf ihn zurückgehen, ist klar: «Ich glaube, dass die Rennen noch etwas spektakulärer sein könnten. Wie wir das erreichen wollen, kann ich noch nicht genau sagen. Da müssen wir noch ein bisschen denken.»
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(dpa)