Oberstdorf – Mit einem Raketenstart wollen die deutschen Ski-Adler um Weltmeister Severin Freund und Aufsteiger Markus Eisenbichler gleich zu Beginn der 65. Vierschanzentournee die nötige Euphorie entfachen.
«Ich hoffe, dass einer von uns richtig Gas gibt und von Anfang an vorne dabei ist», sagte Bundestrainer Werner Schuster vor dem Auftaktspringen am Freitag im Hexenkessel von Oberstdorf. «Ich bin von der Mannschaft überzeugt und guter Hoffnung, dass wir eine gute Tournee springen.»
Nach der kurzen Weihnachtspause hat auch bei seinen Schützlingen das große Kribbeln eingesetzt. Vor allem Eisenbichler ist heiß auf den Auftakt im Allgäu mit seinem ganz speziellen Flair. «Wenn da ein deutscher Springer angekündigt wird, tobt die Bude. Das spornt mich an», sagte der 25 Jahre alte Bayer.
Er wird mittlerweile als Geheimtipp gehandelt, was ihn aber keineswegs nervös macht. «Wenn man etwas Besonderes aus der Tournee macht, sind schon viele gescheitert. Ich gehe das eher relaxed an», verkündete Eisenbichler. «Sich schon vorab gedanklich mit der Gesamtwertung zu beschäftigen, wäre kontraproduktiv.»
Schuster attestierte dem Bundespolizisten aus Siegsdorf eine sehr gute Form. «Er kann jetzt die Athletik, die er sich in den letzten Jahren aufgebaut hat, in die Technik umsetzen. Und seine enormen Flugqualitäten sind geblieben. Da sieht man ein irrsinniges Gefühl», sagte der Bundestrainer. «Er muss sich vor niemandem verstecken. Mit einem richtig guten Sprung kann er alle schlagen.»
Allerdings müsse der frühere Nordische Kombinierer dies erst noch verinnerlichen. «Die Hürde für ihn ist es, sich mit dieser neuen Rolle zu identifizieren und zu sagen: Hey, ich kann das. Ich gehöre dahin», erklärte Schuster. Dies sei speziell für Spätentwickler auf der Schanze, zu denen Eisenbichler zweifellos gehört, schwierig. «Markus hat viele Erlebnisse gehabt, wo er sich anstellen musste. Und jetzt auf einmal kann er alle schlagen. Das musst du dir dann auch zutrauen in der Situation.»
Auf Eisenbichler, der 2012 in Oberstdorf schwer stürzte und sich dabei einen Brustwirbel brach, ruhen auch deshalb viele Hoffnungen, weil Weltmeister Freund nach einer Hüftoperation noch nicht seine Bestform gefunden hat. «Nach meinen bisherigen Saisonleistungen kann ich nicht davon ausgehen, dass sich mein Vorjahressieg wiederholen lässt. Da ist der Rückstand nach der verletzungsbedingten Zwangspause im Sommer doch einfach noch zu groß», sagte Freund.
Schuster schreibt seinen Vorzeigespringer, der im Vorjahr als Gesamtzweiter knapp am ersten deutschen Tournee-Triumph seit dem Grand Slam von Sven Hannawald 2001/02 vorbeischrammte, aber nicht schon vor dem ersten Sprung ab. «Severin tut sich in Folge seiner verletzungsbedingten Trainingspause noch schwer, konstant hochwertige Sprünge abzurufen. Allerdings kann er aufgrund seiner große Erfahrung und Routine recht schnell in die Erfolgsspur zurückfinden», sagte Schuster.
Darauf hoffen auch Richard Freitag und Andreas Wellinger, die für die eine oder andere Überraschung sorgen wollen. «Die Ausgangssituation für die Tournee ist nicht so schlecht. Ich zähle nicht zum Favoritenkreis, habe keinen Druck und kann ganz entspannt von hinten kommen», sagte Freitag.
Fotocredits: Fredrik von Erichsen
(dpa)