Kvitfjell – Er hat Kitzbühel und Kvitfjell gewonnen, bleibt aber in der Öffentlichkeit bei allem Selbstbewusstsein unverändert demütig und freundlich – Deutschlands neuer Ski-Star Thomas Dreßen kommt seinen Idolen auch abseits der Piste schon sehr nahe.
«Es macht mich stolz, dass ich da mit Aksel (Lund Svindal) und Beat (Feuz) auf dem Podium stehen darf. Die zwei sind immer schon Heroes für mich gewesen und Vorbilder», sagte Dreßen nach dem zweiten Weltcup-Sieg seiner Karriere. «Nicht nur wegen dem Skifahren sondern auch wie sie menschlich sind. Da kann man sich schon eine Scheibe abschneiden.»
Das gelingt dem 24 Jahre alten Bayern so gut, dass Alpinchef Wolfgang Maier in ihm den legitimen Nachfolger des derzeit verletzten Felix Neureuther als Botschafter des deutschen Ski-Sports sieht. «Von seiner Art kann er diese Lücke hinter Felix schließen», sagte Maier der Deutschen Presse-Agentur. «Die Leute finden ihn extrem sympathisch. Das ist total schön, das zu hören.»
Grundlage für die Popularität Dreßens sind seine Erfolge. Vor einem Jahr in Kvitfjell raste er als Sechster zum Ende seiner ersten kompletten Weltcup-Saison erstmals in die Top Ten. Zwölf Monate später ist er in der Weltspitze etabliert und reist als Dritter der Abfahrts-Wertung zum Weltcup-Finale nach Schweden. «Ich hätte vor der Saison mit vielem gerechnet aber nicht damit, dass es so gut läuft», sagte Dreßen. «Das nimmt man als Athlet gerne mit, und ich bin überglücklich, dass das im Moment so locker von der Hand geht.»
Sieben Wochen nach dem Premieren-Erfolg in Kitzbühel zählt Dreßen nun bereits zu den erfolgreichsten Deutschen in dieser Disziplin. Seit Einführung des Weltcups im Januar 1967 haben nur Markus Wasmeier und Sepp Ferstl in ihrer Karriere zwei Abfahrtssiege geschafft.
In seiner zweiten kompletten Weltcup-Saison übertrifft der Fünfte der Olympia-Abfahrt damit weiter alle Erwartungen. Nach Rang drei in Beaver Creek und dem Sieg in Kitzbühel ist der Erfolg in Kvitfjell bereits der dritte Podestplatz des Winters. Vor dieser Saison hatten die Speedfahrer des Deutschen Skiverbands sieben Jahre lang auf ein Top-Drei-Resultat in Abfahrt oder Super-G gewartet. «Das finde ich extrem beachtlich, was er da einfährt», sagte Maier.
Auf Weltmeister Beat Feuz aus der Schweiz hatte Dreßen im Ziel am Samstag 0,08 Sekunden oder umgerechnet auf die Olympia-Strecke von 1994 2,22 Meter Vorsprung. Olympiasieger Aksel Lund Svindal wurde in seiner Heimat mit 0,17 Sekunden Rückstand Dritter. «Das ist überhaupt kein Zufall», lobte Svindal den jungen Deutschen.
Am Sonntag legte Dreßen mit dem besten Super-G-Resultat seiner Weltcup-Karriere nach. Auf dem geteilten achten Platz fehlten ihm wie Max Franz aus Österreich 0,57 Sekunden auf Sieger Kjetil Jansrud. Der Norweger machte mit dem Sieg vorzeitig den Gewinn der kleinen Kristallkugel perfekt. Zweiter wurde erneut Feuz vor dem überraschend starken Brice Roger aus Frankreich, der mit der hohen Startnummer 49 noch auf Rang drei gerast war.
Andreas Sander wurde ordentlicher Zehnter und konnte sich nach dem enttäuschenden 31. Platz in der Abfahrt tags zuvor mit einem guten Gefühl auf den Weg nach Are machen. Dort steht am Mittwoch zum Auftakt des Weltcup-Finales die letzte Abfahrt des Olympia-Winters auf dem Programm – und Dreßen gehört wie selbstverständlich zu den Favoriten. «Wir sind ja lange erst gefahren, als die anderen schon Sekt gespritzt haben», sagte Maier. Die Zeiten sind vorbei. «Es ist einfach ein gutes Gefühl, wenn man weiß, man gehört zu den besten der Welt.»
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(dpa)