Hannover – So schnell kann eine Aufbruchstimmung wieder zerstört sein. Der neue Trainer Thomas Doll musste der Mannschaft von Hannover 96 am Freitagabend nur 90 Minuten beim 0:3 (0:1) gegen RB Leipzig zuschauen, um sein Auftreten komplett zu verändern.
Vom Aufmunterer und Energiespender wurde Doll zum schonungslosen Kritiker. Mit einer so schwachen Vorstellung seines neuen Teams hatte der Bundesliga-Rückkehrer nicht gerechnet. Und das machte er auch klar.
«Ich habe während des Spiels gedacht: Wann springt endlich der Funke über? Da musste ich ein paar Mal schlucken. Das ist zu wenig», kritisierte der frühere Nationalspieler. «Wir müssen zusehen, dass da ein bisschen mehr Power reinkommt. Da muss Alarm her. Da muss jetzt Zug rein. Es muss ein kalter Nordwind in die Trainingseinheiten rein.»
Von der fehlenden Power redete Doll mehrfach nach diesem Spiel. «Das hat sicher auch mit den ganzen letzten Wochen und Monaten zu tun. Mit den ganzen Negativerlebnissen. Da ist der Kopf nicht frei», sagte er. Es ist aber offensichtlich, dass der neue Trainer erhebliche Zweifel an der Fitness jener Mannschaft hat, die ihm der alte Trainer André Breitenreiter zu Beginn der Woche überließ.
Man müsse die Daten analysieren, sagte Doll. Aber: «Ich habe auch gesehen, dass der eine oder andere Spieler keine Power hat. Wir haben kein Durchsetzungsvermögen. Keiner geht mit Dynamik nach vorne. Wir müssen es jetzt einfach hinkriegen, dass wir ein anderes Gesicht zeigen, um in der Bundesliga wieder Spiele gewinnen zu können.»
Am kommenden Samstag spielt Hannover gegen den 1. FC Nürnberg. Dann treffen die beiden aktuell schwächsten Mannschaften der Fußball-Bundesliga aufeinander. Dieses Spiel soll nach mittlerweile neun sieglosen Partien in Serie die Wende für 96 sein, zumal die Franken schon seit 13 Spielen auf einen Punkte-Dreier warten. Dieses Spiel sei «eine Pflichtaufgabe», sagte denn auch Hannovers Verteidiger Kevin Akpoguma.
Leipzig dagegen war für Hannover in dieser Verfassung viel zu stark. Marcel Halstenberg per Foulelfmeter (45.+3 Minute) und Willi Orban (64./85.) nutzten vor 32 400 Zuschauern nur drei der vielen Chancen für den Champions-League-Anwärter.
Leipzigs Trainer Ralf Rangnick hat Hannover 96 einst in die Bundesliga zurückgeführt. Er machte seinem früheren Verein trotz der desolaten Vorstellung weiter Mut. «Ich fände es extrem wichtig für den Standort Hannover, für die Stadt, für Präsident Martin Kind und ganz besonders für Thomas Doll, die Klasse zu halten. Gegen Nürnberg muss ein Heimsieg her», sagte er. «Was Hoffnung macht, sind die Ergebnisse und Punktestände der anderen Mannschaften. Vielleicht reichen dieses Jahr sogar 30 Punkte, um Drittletzter zu werden.»
Fotocredits: Swen Pförtner
(dpa)