Rio de Janeiro (dpa) – Brasiliens suspendierte Präsidentin Dilma Rousseff blickt verbittert auf den Start der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro.
«Stell dir sich vor, Du gibst eine Party. Du arbeitest mehrere Jahre dafür, bereitest alles vor, organisierst die Beleuchtung, bestellst die Presse. Und am Tag, an dem Party beginnt, kommt jemand an deiner Stelle und reißt die Party an sich», sagte sie der Zeitung «El Mundo». «In der Geschichte dieser Spiele bin ich das Aschenputtel.» Sie bezeichnete ihren wahrscheinlichen Nachfolger, den einstigen Vizepräsidenten Michel Temer, als «Verräter und Usurpator».
Die Politikerin von der linksgerichteten Arbeiterpartei war im Mai suspendiert worden. Ihr werden Verstöße bei der Führung der Staatsfinanzen vorgeworfen. Ende August wird der Senat nach Abschluss der juristischen Prüfung über ihre endgültige Amtsenthebung entscheiden, eine Mehrheit gilt als wahrscheinlich. Sie sieht das Ganze als politisch motiviert an und spricht von einem «Putsch», weil sich ihr Vizepräsident und einstiger Koalitionspartner Temer mit der Opposition verbündet hatte, um im Abgeordnetenhaus und Senat die notwendigen Mehrheiten in dem mehrstufigen Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff zu erreichen.
Temer hat eine Mitte-Rechts-Übergangsregierung gebildet, die im Falle von Rousseffs Absetzung dann bis Ende 2018 weitermachen könnte. Der 75 Jahre alte Jurist würde dann auch als neuer Präsident des fünftgrößten Landes der Welt Anfang September zum G20-Gipfel nach China reisen und dort seinen ersten großen Auftritt haben. Schon am Freitag darf er in seiner aktuellen Funktion als Interimspräsident die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro eröffnen. Dort wird er erstmals auch viele andere Staats- und Regierungschefs treffen.
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