Frankfurt/Main – In Guimarães flogen Sitzschalen, in Istanbul sprach Max Eberl von «einer Polizeidiktatur» und in Saint-Etienne konnte sich Wolfsburgs Lukas Nmecha an den gesamten Fußball-Abend nicht mehr erinnern:
Die ersten Auswärtsreisen der deutschen Europa-League-Vereine sind an einem turbulenten Donnerstagabend von unangenehmen Begleiterscheinungen überschattet worden.
Sportlich dürfen Eintracht Frankfurt und der VfL Wolfsburg nach erfolgreichen Resultaten allerdings optimistisch auf das Überwintern im zweitwichtigsten Vereinswettbewerb Europas blicken.
Die Eintracht-Freude nach dem wichtigen 1:0-Erfolg bei Vitoria Guimarães wurde von den Krawallen der Fans vor dem Anpfiff aber mächtig getrübt. «So etwas will keiner sehen. Fliegende Sitze, das passt hier nicht her. Das ärgert mich, denn wir sind unter Beobachtung und haben in der großen Überzahl total gute Fans», schimpfte Sportvorstand Fredi Bobic nach dem mühevollen Sieg, der nach dem 0:3-Auftakt gegen den Vorjahresfinalisten FC Arsenal fast schon zur Pflicht geworden war.
Nach den Ausschreitungen von Rom und Mailand in der Vorsaison und den Vorkommnissen beim Playoff-Rückspiel gegen Racing Straßburg droht dem derzeit auf Bewährung spielenden hessischen Bundesligisten eine weitere Strafe durch die UEFA – diesmal könnte es sogar zu einem Fan-Ausschluss kommen. «Das ist einfach nur dämlich. Es gibt absolut keinen Grund, so etwas zu machen», rügte Mittelfeldspieler Sebastian Rode das Auftreten einiger Hitzköpfe. Sportlich hatte der zuletzt häufig als Reservist verweilende Abwehrspieler Evan Ndicka mit einem Kopfballtor für das Siegtor des Abends gesorgt.
So eine Erlösung bleibt Borussia Mönchengladbach bei der so sehr herbeigesehnten Europa-Rückkehr weiter verwehrt. Auf das peinliche 0:4 gegen Wolfsberg folgte ein glückliches 1:1 beim türkischen Vertreter Basaksehir Istanbul, das erst Patrick Herrmann mit seinem ganz späten Ausgleichstreffer herbeiführte. «Wir machen Schritte nach vorne, dann machen wir mal Schritte zurück. Wir wollen aber noch mehr Schritte nach vorne machen», monierte Trainer Marco Rose.
Das Thema des Abends war trotz der sportlichen Enttäuschung aber ein anderes: Am Rande des Spiels hatten Polizisten den Gäste-Fans Fahnen abgenommen, weil diese christliche Symbole gezeigt hätten. Dabei handelte es sich um das Stadtwappen Mönchengladbachs, in dem unter anderem ein Kreuz abgebildet ist. «Das macht mich extrem traurig, dass wir 2019 in Europa solche Zustände haben, dass die Polizei diktieren kann, welche Fahnen mit ins Stadion kommen. Diese Regel gibt es nicht», schimpfte Eberl, der die eigenen Anhänger ausdrücklich lobte: «Unsere Fans bereichern diesen Totentanz hier.» Er habe im Stadion «bizarre und groteske Bilder» gesehen.
Einen Blackout erlitt U21-Nationalspieler Nmecha, der nach dem 1:1 seines VfL Wolfsburg beim AS Saint-Etienne mit Verdacht auf Gehirnerschütterung in Frankreich blieb, statt mit seinen Teamkollegen noch in der Nacht nach Hause zu fliegen.
«Er ist bei vollem Bewusstsein, aber er kann sich an nichts mehr erinnern vom Spiel», sagte Trainer Oliver Glasner. Sportlich hat der VfL mit vier Zählern die bislang beste deutsche Bilanz vorzuweisen. «Ich nehme mit, dass es schwierig ist, gegen uns zu gewinnen. Wir sind auf dem richtigen Weg», sagte Glasner nach der Punkteteilung, bei der William eine Führung von Timothée Kolodziejczak ausglich.
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(dpa)