Rio de Janeiro – Ein angeschlagener Timo Boll hat Deutschlands Tischtennis-Männer zu Mannschafts-Bronze geführt und für einen versöhnlichen Olympia-Abschluss gesorgt.
Der angeschlagene Timo Boll blieb nach dem verwandelten Bronze-Matchball wie angewurzelt stehen und hatte Tränen in den Augen. Dann stürmten Team-Kollege Bastian Steger und Bundestrainer Jörg Roßkopf auf ihn zu und umarmten den Tischtennis-Helden freudestrahlend. Erst später stieß Dimitrij Ovtcharov zur Jubelfeier. «Timo ist hart im Nehmen, das war ganz stark, wie er auf die Zähne gebissen hat», lobte er den Teamkollegen.
«Bei seinen vielleicht letzten Spielen will man nicht als Vierter aus der Box gehen mit so einer Enttäuschung», sagte Boll und strahlte nun. «Danke an meine Jungs. Die haben mich mit durchgezogen.»
Mit einem wahren Kraftakt führte Boll die deutschen Tischtennis-Männer zu einem versöhnlichen Olympia-Abschluss. Das Trio um den Fahnenträger besiegte in Rio de Janeiro im Spiel um Platz drei Südkorea mit 3:1. Vom Bundestrainer gab es ein Extralob für den angeschlagenen Star: «Timo hat sich durchgebissen und richtig gut gespielt. Das ist natürlich eine Riesen-Sache für ihn.»
Boll hatte sich zu Beginn der Partie gegen den Olympia-Zweiten von 2012 und WM-Dritten Südkorea eine Nacken-Verletzung zugezogen, spielte aber weiter und holte den entscheidenden Punkt. Zuvor musste er mehrere Minuten mit Spritzen und Tabletten behandelt werden. «Das fühlt sich ein bisschen wie Robocop an. Das ist mir zuletzt schon öfter passiert, dass der Wirbel rausgesprungen ist», sagte er.
Zum Auftakt vergab Steger gegen Südkoreas Nummer eins Jeoung Youngsik drei Matchbälle und verlor unglücklich 2:3. Ovtcharov erkämpfte sich gegen Joo Saehyuk ein 3:2 und auch Boll und Steger siegten im Doppel. Nach Bronze 2012 und Silber 2008 ist es für die Deutschen im Teamwettbewerb die dritte Olympia-Medaille in Serie und nach Silber für die Damen das zweite Tischtennis-Edelmetall in Rio de Janeiro.
Im Halbfinale hatten die an Position zwei gesetzten Deutschen gegen Japan mit 1:3 verloren und dadurch die Chance auf Silber oder Gold verspielt. Mit der ersehnten Medaille in Rio haben Boll und Ovtcharov auch ihr schwaches Abschneiden im Einzel-Wettbewerb vergessen gemacht. Der mit Medaillenhoffnungen gestartete Ovtcharov war im Viertelfinale ausgeschieden, Boll im Achtelfinale gescheitert.
Die Medaille war daher trotz der Enttäuschung in der Runde der letzten vier ein versöhnlicher Abschluss. «Die Konstanz macht einen natürlich stolz. Im Endeffekt sind wir die letzte nicht-asiatische Mannschaft», hatte Bundestrainer Jörg Roßkopf gelobt. Der Sportdirektor des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB), Richard Prause, lobte ein «gutes Turnier» der Männer.
Für den 35 Jahre alten Boll waren es möglicherweise die letzten Olympischen Spiele. «Erstmal konzentriere ich mich jetzt auf das Spiel, ob es jetzt das letzte Mal ist oder nicht, das weiß ich noch nicht», hatte der deutsche Fahnenträger nach dem 1:3 im Halbfinale gegen Japan gesagt. Der sechsmalige Europameister war einer der Publikumslieblinge in Rio, wurde stets mit langem Applaus gefeiert. Im Bronze-Match spielte er trotz Nackenproblemen tapfer weiter.
Die Bronze-Medaille für die Männer ist die zweite Medaille für den DTTB in Rio. Am Vortag hatten die Frauen Silber gewonnen. Nach einem Sieg im Halbfinale gegen Japan unterlagen sie im Endspiel Favorit China letztlich klar mit 0:3. Immerhin gelang Petrissa Solja, Han Ying und Shan Xiaona ein Satzgewinn. «Silber ist super, mehr war auch nicht drin», lobte Bundestrainerin Jie Schöpp.
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(dpa)