Racice/Tschechien – Die deutschen Kanuten konnten sich bei den Weltmeisterschaften auf ihre Spurtqualitäten verlassen und erlebten in Racice als erfolgreichste Nation wahre Festspiele. Auffällig: Fast alle deutschen Medaillen wurden dank starker Endspurts erkämpft.
«Generell ist es so, dass wir ein sehr gutes Grundlagen-Niveau haben und hintenraus noch richtig was draufpacken können», bilanzierte Sportdirektor Jens Kahl noch vor dem WM-Abschluss mit dem 5000-Meter-Rennen im Canadier nach insgesamt fünf WM-Titeln, zwei Silbermedaillen und einer Bronzeplakette.
Allen voran ging Ausnahmeathlet Sebastian Brendel. Der 29-Jährige bezwang auf seiner Paradestrecke über 1000 Meter im Canadier-Einer erneut den Tschechen Martin Fuksa und schaffte nach 2014 und 2015 den WM-Hattrick. Am Sonntag legte er mit Gold im nicht-olympischen Canadier-Vierer seinem zweiten WM-Titel nach. Mit Conrad Scheibner, Stefan Kiraj, und Jan Vandrey war der Potsdamer im Schlussspurt nach 1000 Metern erneut nicht zu bezwingen. «Ein schönes Gefühl, mit einem Mannschaftsboot Medaillen zu feiern», sagte Brendel.
Mit seinem dritten Gold krönte sich Brendel zum erfolgreichsten Athleten der Titelkämpfe in Tschechien: Der Sieg gelang im Canadier-Vierer über 1000 Meter mit der Crew Conrad Scheibner (Berlin), Stefan Kiraj (Potsdam) und Jan Vandrey (Potsdam). Im letzten WM-Wettbewerb über 5000 Meter setzten sie sich gegen den Cubaner Serguey Torres und den Polen Mateusz Kaminski durch und gewann bei seinem dritten Start sein drittes Gold.
Mit viel Raffinesse fuhr der Canadier-Zweier über 1000 Meter mit Yul Oeltze und Peter Kretschmer zu Gold. Die Europameister, die sich in der internen Qualifikation gegen die Olympiasieger Brendel/Vandrey durchgesetzt hatten, bezwangen erst auf den letzten Metern die Kubaner Serguey Torres und Fernando Jorge.
Sie hatten gepokert. «Wir wollten unbedingt auf eine Außenbahn», meinte der Leipziger Kretschmer. «Eine taktische Meisterleistung von den beiden, dass sie über die Vorläufe auf eine Außenbahn kommen, weg von den Favoriten, damit sie ihr eigenes Rennen fahren können», lobte Kahl. Dabei verließen sich Oeltze und Kretschmer auf ihre Kräfte. «Ich wusste, dass wir beide im Endspurt sehr, sehr stark sind. Wir hatten Selbstvertrauen und genug Arroganz im Rennen, um das hier auszuspielen», sagte der Magdeburger Oeltze. Kretschmer fügte an: «Wir haben gehofft, dass die anderen dann einbrechen.»
Auch Brendel – in Rio noch Olympiasieger mit Jan Vandrey in dieser Bootsklasse – sah das Rennen live. «Ein gut eingeteiltes Rennen, sie haben ihren Stärken vertraut. Aber nächstes Jahr greife ich mit Jan wieder an, dann müssen wir uns gegen die Weltmeister durchsetzen», kündigte er an.
Die erste Medaille mit Bronze am Sonntag hatte für die Flotte des Deutschen Kanu-Verbandes der Kajak-Vierer mit Tamas Gecsö, Lukas Reuschenbach, Kostja Stroinski und Kai Spenner im bis Rio noch olympischen Wettbewerb über 1000 Meter geholt.
Dann kam zum Abschluss die Stunde des Kajak-Vierers. In der ab Tokio 2020 olympischen Disziplin paddelten die 1000-Meter-Olympiasieger Max Rendschmidt und Tom Liebscher sowie Ronald Rauhe und Max Lemke zum Titel über 500 Meter vor Spanien und Tschechien.
Bereits am Samstag hatte Liebscher mit einem beherzten Schlussspurt überraschend Gold im Kajak-Einer über 1000 Meter gewonnen. «Ich hatte noch Körner», meinte der 24-Jährige, der sein eigenes Ding durchzog. «Die Trainer wollten viel mehr über die Renntaktik reden als ich. Ich hab sie mir lieber mit ins Bett genommen und mir mein Teil gedacht.»
Zweimal Silber gab es für die Olympia-Zweiten Franziska Weber und Tina Dietze: Erst im Kajak-Zweier über 500 Meter, dann am Sonntag im Vierer mit Sabrina Hering und Steffi Kriegerstein hinter den Olympiasiegerinnen aus Ungarn. Dritte wurden die Neuseeländerinnen.
Fotocredits: Kateřina Šulová,Kateřina Šulová,Šulová Kateřina
(dpa)