Rio de Janeiro (dpa) – Eduardo Tinoco hat wenig Zeit, gerade hat er noch eine Kanalbehandlung machen müssen. Ein Zelt ist sein Arbeitsplatz. Eigentlich hat er seine Praxis in Copacabana, aber nun ist er der Chef-Zahnarzt der Olympischen Spiele, stationiert im Olympiadorf im Stadtteil Barra.
Acht Behandlungsräume, allein in London 2012 gab es 1800 Besuche. Vor dem Olympia-Start wurden hunderte Mundschutze für Boxer, Hockey- und Rugby-Spieler angepasst. Gerade waren die kubanischen Boxer und die südafrikanischen Rugbyspieler da. 80 Zahnärzte und 60 Helfer sind von morgens bis abends im Schichtdienst im Einsatz, bei «zahnkritischen» Sportarten sind Zahnärzte auch vor Ort im Stadion oder der Boxhalle.
«Wir kriegen das hin», meint Tinoco. «Die Stimmung ist wirklich gut hier», schätzt er die Atmosphäre mit der «olympischen Familie». Neben ihm steht Tony Clough aus London, Zahnmedizin-Beauftragter der Medizinkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).
Er steht Eduardo und dem Rest des Teams zur Seite. «Immer wenn die ersten Athleten ankommen, denkt man, das ist Stress, aber das ist gar nichts gegen die Zeit während der Spiele. Die Phase davor ist eher ein Honeymoon.» Praktisch für Tinoco bei seinem Marathoneinsatz im Namen der fünf Ringe: Seine Frau ist auch Zahnärztin, sie arbeitet mit in der Olympia-Klinik, ist vor allem für die ganzen Basketballer zuständig. In der Spitze sind bis zu 100 Leute pro Tag zu behandeln.
Gerade auch Sportler aus Entwicklungsländern mit nicht sehr guten medizinischen Bedingungen nutzen das Angebot für einen Komplettcheck. Berufen wurde Tinoco wegen des Tipps eines renommierten Oberarztes aus Rio. Hier in seiner Heimatstadt hat Tinoco auch studiert, dann war er fünf Jahre in Norwegen und hat dort auch seine Doktorarbeit über Paradontalkrankheiten geschrieben, anschließend war er in Berlin, unterrichtete unter anderem an der Humboldt-Universität.
Apropos Berlin und Deutschland: Der 48-jährige Brasilianer spricht gut Deutsch. «Ich war in Rio auf der deutschen Schule». Und, er ist nicht nur ein erfolgreicher Zahnarzt, der in sich ruht. Er ist auch Vize-Weltmeister im Beachvolleyball, das war 1989 – während der Zeit hat er in Deutschland zusammen mit Hauke Braack gespielt, einst Volleyballer des Jahres.
Tinoco ist in der Szene bis heute bestens vernetzt. Julius Brink, Beachvolleyball-Olympiasieger von London, ließ sich bei ihm die Zähne untersuchen, während er ein paar Monate in Rio war. Hätte er nicht auch gerne selbst mal bei Olympia mitgespielt? «Ja, klar», sagt Tinoco. «Aber zu meiner besten Zeit war Beachvolleyball noch nicht olympisch.» Das ist es erst seit 1996.
Fotocredits: Michael Kappeler