Frankfurt/Main – Roman Bürki sprach von «einem schwachen Trost», Michael Zorc betonte die unveränderte Situation: Öffentlich wollte sich bei Bundesliga-Tabellenführer Borussia Dortmund partout niemand zu laut über den ausgebauten Vorsprung im Fernduell mit dem FC Bayern freuen.
Ein lockeres Grinsen aber doch war dem BVB-Tross förmlich ins Gesicht geschrieben. «Natürlich kriegen wir das mit und waren nicht unglücklich darüber», sagte Sportvorstand Zorc über die überraschende 1:3-Niederlage des FC Bayern in Leverkusen, die Schwarz-Gelb mit einem Polster von nun sieben Punkten mehr denn je von der deutschen Fußball-Meisterschaft träumen lässt.
Dass der eine Punkt beim rassigen 1:1 (1:1) bei Eintracht Frankfurt noch ein Stück wertvoller wurde, dafür sorgte ausgerechnet der ehemalige Dortmunder Trainer Peter Bosz, der seit der Winterpause in Leverkusen an der Seitenlinie steht. Auch Dortmunds starker Schlussmann Bürki hatte stets mit einem Auge im Blick, was beim Bundesliga-Rivalen aus München passiert.
«Ich habe jedes Mal auf die Anzeigetafel hochgeschaut, aber ich hätte lieber dieses Spiel gewonnen. Es ist jetzt besser als vorher, aber es ist kein großer Unterschied», sagte der Schweizer. Seine Worte zeigen: Der eigentliche Maßstab ist nur noch der Titel und der FC Bayern, der als Zweiter von Borussia Mönchengladbach (2:0 auf Schalke) abgelöst wurde. Die sieben Punkte Vorsprung sind ein gutes Polster, bewies der BVB doch am Samstag auch beim Fußball-Spektakel in Frankfurt wieder, wie schwer er zu schlagen ist. «Wir wollten unbedingt gewinnen, müssen aber das 1:1 akzeptieren», befand Trainer Lucien Favre.
Auch Kapitän und Torschütze Marco Reus bekräftigte diesen hohen Anspruch an sich selbst bei Sky: «Wir haben immer betont, dass wir jedes Spiel gewinnen wollen. Wenn wir bis zum Ende weiter da oben stehen, dann bleibt uns ja nichts anderes übrig, als die Favoritenrolle anzunehmen.» Der Nationalspieler hatte zwar zum 46. Mal in seiner Bundesliga-Karriere das wichtige 1:0 erzielt, danach aber mehrere Großchancen vergeben und damit die Vorentscheidung sowie mögliche neun Punkte Polster auf Rang zwei versäumt.
«Marco ist stark im Kopf», sagte Bürki über den Schlüsselspieler, der sich auch selbst mächtig über die vergebenen Chancen ärgerte. Auch Sportvorstand Zorc meinte: «Er kann schon damit umgehen.» Der Frankfurter Punktgewinn dank eines Tores von Luka Jovic, der mit seinem 14. Saisontreffer an der Spitze der Torschützenliste bleibt, war in der offenen Partie danach so folgerichtig wie verdient.
Coach Favre und Zorc versuchen, die Erwartungen beim BVB in Richtung neunter deutscher Meisterschaft nicht zu schnell zu groß werden zu lassen. Von Woche zu Woche wird die Tabelle relativiert, der Abstand auf die Jäger klein geredet und auf den frühen Zeitpunkt («Es ist der 20. Spieltag» oder «Es ist der 2. Februar») der Saison hingewiesen.
Das rasante Remis in Frankfurt, bei dem zwei der besten Offensiven der Liga aufeinandertrafen, zeigte trotz des Punktverlustes einmal mehr, warum der BVB titeltauglich ist. Führungsspieler Reus sowie die Flügelzange Raphael Guerreiro und Jadon Sancho glänzten ein ums andere Mal im Spiel nach vorne, selbst der offenkundig kritische Favre beurteilte «den Inhalt des Spiels» als «sehr gut». Und wenn der Rivale aus München nach beendeter Siegesserie weiter patzt, werden sie sich in Dortmund nicht gegen die ganz großen Ambitionen wehren. «Wir tun nicht so, als ob wir nicht wollen», sagte Reus.
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(dpa)