Silverstone – Lewis Hamilton wird sich bei seinem Formel-1-Heimspiel zunächst kritische Fragen gefallen lassen müssen. Ausgerechnet der dreimalige Formel-1-Weltmeister und viermalige Großbritannien-Sieger fehlte beim Showevent in London zwei Tage vor dem ersten Freien Training.
Sein Konkurrent Sebastian Vettel war da, gut gelaunt und entspannt. Er will am Sonntag beim Großen Preis von Großbritannien seine WM-Führung weiter ausbauen. Für wen die Fans dann jubeln, wird sich zeigen.
Warum ist das Rennen selbst für das deutsche Mercedes-Team und viele andere ein Heimspiel?
Silverstone und das nahe Umland sind so etwas wie das Epizentrum der Formel 1. Das offiziell deutsche Formel-1-Team Mercedes hat seine Werke im zwölf Kilometer entfernten Brackley und dem 32 Kilometer entfernten Brixworth. Red Bulls Sitz in Milton Keynes ist 25 Kilometer entfernt. Vergleichsweise weit und doch noch so nah im weltumspannenden Formel-1-Geschäft haben es die Mitarbeiter von McLaren, das seinen Sitz im gut 120 Kilometer entfernten Woking hat. Williams Hauptquartier in Wantage liegt knapp 70 Kilometer vom Silverstone Circuit entfernt. Und Force India ist direkt in Silverstone beheimatet.
Wie weit entfernt von der Strecke wuchs Lewis Hamilton auf?
Auch für den Dauer-Weltreisenden und Jetsetter unter den Formel-1-Piloten ist das Rennen in Silverstone ein besonderes. Besser: Gerade für Hamilton ist der Grand Prix in Silverstone mehr als ein normales Rennen. Knapp 80 Kilometer entfernt wuchs der mittlerweile 32-Jährige in Stevenage auf.
Warum war er dann als einziger nicht beim Showevent am Mittwoch in London dabei?
So versuchte es Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff zu erklären und zu entschuldigen: Hamilton meine, er brauche einen freien Tag im WM-Kampf nach dem Rennen in Österreich. Kam gar nicht gut an bei seinen Fans. Vom Moderator bis zu WM-Spitzenreiter Vettel: Über die Pfiffe gegen den nicht anwesenden Briten waren sie überrascht.
Hamilton oder Vettel – wer gilt als Favorit?
Die Erfolge in den vergangenen Jahr sprechen für Mercedes und Hamilton – vier Silberpfeil-Siege in den vergangenen vier Jahren, drei von Hamilton zuletzt in Serie. Vettel wirkte aber nach seinen Nörgeleien und Unzufriedenheiten in Baku und Spielberg bei seinem Vorab-Auftritt in London ausgesprochen entspannt. «Ich genieße einfach, dass das Auto so schnell ist und das Team so großartig zusammenarbeitet», sagte er.
Müssen beide vor allem auch wieder mit Österreich-Gewinner Valtteri Bottas im zweiten Mercedes rechnen?
Keine Frage, Bottas meint es ernst. 2014 schaffte er es im Williams in Silverstone bereits auf Platz zwei. Schon gewinnen konnte das Rennen Vettels finnischer Teamkollege Kimi Räikkönen im zweiten Ferrari – 2007 war das, in Räikkönens Titeljahr.
Welche besonderen Belastungen müssen die Fahrer verkraften?
Der Kurs gilt als Hochgeschwindigkeitsstrecke mit extrem schnellen Kurven. Und weil die Autos in diesem Jahr unter anderem breiter sind und mehr Abtrieb haben, nehmen die Piloten diese Kurven mitunter mit Vollgas. Entsprechend sind die Fliehkräfte.
Wie wirkt sich das auf die Reifen aus?
Die Kräfte wirken vor allem auch auf die Reifen. Das hat zur Folge, dass sie sich schneller abnutzen. Ein-Stopp-Strategien scheinen weniger siegversprechend. Hinzu kommt, dass Ausrüster Pirelli die eigentlich geplante Lieferung fürs Silverstone-Spektakel noch mal änderte. Zum ersten Mal soll auf dem Kurs auch der supersofte Reifen zum Einsatz kommen neben dem soften und dem Medium-Reifen. Zunächst waren die Mischungen hart, medium und soft geplant gewesen.
Fotocredits: Daniel Hambury
(dpa)