London (dpa) – Phil Taylor runzelt die Stirn und grübelt. Jahrelang war sein Name die Antwort auf beinahe jede Frage zum Darts-Sport. Doch nun gerät der 57-Jährige in Verlegenheit. Er muss überlegen, bevor ihm einfällt, was man beim Darts eigentlich noch besser machen könnte.
«Sie sollten mir mehr Geld geben, das wäre klasse», sagt «The Power» im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur – und lacht laut auf. Die Geschichte von Philip Douglas Taylor, das ist die Geschichte von einem, der in die weite Welt zog, um seiner Familie mit den gewonnenen Preisgeldern ein besseres Leben zu ermöglichen. Und die Geschichte eines Sports, dessen Aufstieg in den vergangenen 25 Jahren zu einem spektakulären TV-Event mit seinem Namen eng verbunden ist.
Taylor ist Multi-Millionär – und der erfolgreichste Darts-Spieler in der Geschichte. Bei dieser WM tritt er letztmals an, seine Ziele: der 17. Weltmeister-Titel im Londoner Alexandra Palace – und es endlich hinter sich zu haben.
«Es ist mittlerweile einfach zu viel Aufwand, mich auf die vielen Turniere vorzubereiten. Heutzutage muss man sieben Tage die Woche arbeiten, ich bin immer weg von zu Hause in irgendwelchen Hotels. Nein, für mich ist jetzt Schluss. Ich möchte dieses Leben nicht mehr», sagte der Engländer Sport1. Zeit für seine vier Töchter, für seine Enkelkinder, das ist es, worauf sich Taylor freut. Denn sein Privatleben musste leiden unter einer Bilderbuch-Karriere, die nicht nur zu unzähligen Titeln führte, sondern auch einen Sport revolutionierte, der zu Taylors Anfängen ein Kneipenwettkampf war.
Der beste Darts-Spieler der Welt stammt aus einer Arbeiterfamilie in Stoke-on-Trent. In seinen jungen Jahren montierte er Griffe für Toiletten-Spülkasten und reparierte Autos. Pfeile auf eine Scheibe zu werfen und damit Geld zu verdienen war Taylors Chance, aus diesem Leben zu entfliehen. «Meine Familie war arm, wir hatten nichts», sagte Taylor. Diese Episode ist längst Geschichte. «The Power» ist eine werfende Geldmaschine, die mit dem Rücktritt ganz sicher nicht den Betrieb einstellen wird.
Ehrgeiz, Leidenschaft und Skrupellosigkeit prägten Taylors Karriere. In seinem ersten WM-Finale im Jahr 1990 schlug «The Power» seinen Mentor, den fünfmaligen Weltmeister Eric Bristow, glatt mit 6:1. Es war der Beginn eines einmaligen Siegeszuges. «Ich habe Darts mein Leben gewidmet», betont Taylor. Früh um 9 Uhr kam er in Bristows Kneipe, um zu trainieren. Eine Kombination aus außergewöhnlichem Talent und nicht endend wollendem Ehrgeiz machten Taylor zu einer Ausnahmeerscheinung. Nicht einmal die herauslaufenden Sauce seines Sandwiches würde Phil Taylor anderen gönnen, behauptete der bereits gestorbene Fernsehkommentator Sid Waddell einmal.
Seine Präsenz soll mit dem Karriereende nicht aufhören. «The Power» möchte weltweit Exhibitions spielen und dem Darts-Sport erhalten bleiben. «Ich weiß nicht, was passiert, wenn ich weg bin. Natürlich werden neue Gesichter kommen, ich werde sicher ein Teil des Ganzen sein. Was auch immer ich tun kann, ich werde es tun», betonte Taylor. Im kommenden Jahr könnte er an der britischen Version des Dschungelcamps teilnehmen, seine Bereitschaft und Lust dafür hat er bereits signalisiert.
Vor seinem Auftaktmatch gegen Landsmann Chris Dobey am Freitag sagt Taylor: «Ich freue mich darauf, ins Bett zu gehen und mir keine Gedanken mehr um Turniersiege machen zu müssen.» Einen letzten bei der WM, seiner WM, möchte er aber gerne noch holen.
Fotocredits: Lisa Ducret