Olympia

Das Formbarometer des deutschen Olympia-Teams

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Berlin (dpa) – Mindestens 44 Medaillen wie in London 2012 – das ist die Zielvorgabe für das deutsche Team bei den Olympischen Spielen in Rio. Ein Formcheck kurz vor dem Start.

Badminton: Der ehemalige Europameister Marc Zwiebler vom 1. BC Bischmisheim ist im Herreneinzel an Position zwölf gesetzt. Der 32-Jährige bestreitet in Brasilien seine dritten Olympischen Spiele. Der DBV ist in Rio erstmals mit Aktiven in allen fünf Disziplinen, also im Herreneinzel und -doppel, Dameneinzel und -doppel sowie im Mixed vertreten.

Basketball: kein deutsches Team dabei

Bogenschießen: Die deutschen Schützen sind in den letzten fünf Jahren kontinuierlich vom Mittelmaß in die Weltspitze aufgestiegen. Im Frühjahr wurde die Berlinerin Lisa Unruh sogar Hallen-Weltmeisterin. Das zweite Ticket holte sich Florian Floto. Da liegt auch eine Überraschungsmedaille im Bereich des Möglichen.

Boxen: Der Deutsche Boxsport-Verband (DBV) schickt so viele Boxer wie seit 16 Jahren nicht zu den Olympischen Spielen. Sechs Athleten haben sich in der Serie von kontinentalen und Welt-Ausscheiden durchgesetzt. Die letzten Medaillen deutscher Boxer gab es 2004. APB-Weltmeister Artem Harutyunyan, Araik Marutjan und der zweimalige WM-Dritte Erik Pfeifer kommen diesmal für Edelmetall infrage.

Fechten: In London gab es 2012 durch Britta Heidemann (Degen/Silber) und die Herrenflorett-Mannschaft (Bronze) zwei deutsche Medaillen. Peking-Gewinnerin Heidemann konnte sich nicht qualifizieren; mit nur vier Aktiven stellt Deutschland das kleinste nationale Aufgebot seit 60 Jahren. Medaillenchancen werden dem viermaligen Florett-Weltmeister Peter Joppich und Säbel-Ass Max Hartung eingeräumt. In den Team-Events fehlt Deutschland komplett.

Fußball/Männer: DFB-Coach Horst Hrubesch hat trotz Einschränkungen eine ansprechende Mischung gefunden. Acht Spieler haben nationale und internationale Erfahrung. Weltmeister Matthias Ginter (WM 2014) und Lars Bender (EM 2012) waren bei großen Turnieren dabei, Julian Brandt, Max Meyer und Leon Goretzka spielten auch schon Champions League. Timo Horn ist ein erstklassiger Torhüter. Die K.o.-Runde ist drin, wenn sich schnell ein Team findet, auch eine Medaille.

Fußball/Frauen: Beim Abschiedsturnier von Bundestrainerin Silvia Neid wollen die DFB-Frauen endlich Olympia-Gold. Die Vorbereitung auf das Turnier verlief reibungslos. Entsprechend zuversichtlich reist die DFB-Auswahl nach Brasilien, wo in der Vorrunde Simbabwe, Australien und Kanada die Gegner sind. Topfavorit auf Gold ist allerdings Weltmeister USA, der schon viermal Olympiasieger wurde.

Gewichtheben: Ohne Illusionen fahren die deutschen Gewichtheber nach Rio. Bis auf Superschwergewichtler Almir Velagic hat keiner im fünfköpfigen Team (4 Männer, 1 Frau) die Aussicht auf eine Medaille. Die Deutschen hoffen aber auf größere Chancengleichheit. Der verstärkte Kampf gegen Doping mit Sperren von Ländern und Athleten bringt neue Motivation.

Golf: Dem zweimaligen Majorsieger Martin Kaymer ist durchaus eine Medaille im ersten Golfturnier bei Olympia nach 112 Jahren zuzutrauen. Der 31-Jährige hat seine Jahresplanung ganz dem Höhepunkt in Rio untergeordnet. Auch Alex Cejka ist für eine Top-Ten-Platzierung gut. Zudem haben viele Stars wegen Zika abgesagt, das 60er Feld ist ausgedünnt. Mit Sandra Gal und Caroline Masson ist auf den Medaillenrängen nicht zu rechnen.

Handball: Die Testspiele haben gezeigt: der Europameister hat noch einige Luft nach oben. Es fehlte zuletzt an Spritzigkeit, mentaler Frische und Feinabstimmung. Allerdings stimmen die Grundtugenden Leidenschaft und Teamgeist, die die Mannschaft zum überraschenden EM-Titel geführt hatten. Die Formkurve zeigt jedenfalls nach oben und lässt auf einen gelungen Auftakt am 7. August gegen Schweden hoffen.

Hockey: Nach den Olympiasiegen 2008 in Peking und 2012 in London wollen die Hockey-Herren auch in Rio «wieder um die Medaillen mitspielen», sagte Kapitän Moritz Fürste. Dass es realistisch ist, zeigt der Turniersieg beim Masters in Düsseldorf. Die Damen unterlagen dem Top-Favoriten Niederlande dort glatt 3:7. Edelmetall in Rio wäre eine Überraschung.

Judo: Medaillen sind für die sieben Männer und fünf Frauen drin, mit Glück sogar ein Olympiasieg. Vizeweltmeister Karl-Richard Frey (-100 kg), 2015-Europameisterin Martyna Traijdos (-63 kg) und Luise Malzahn (-78 kg) sind die größten Hoffnungen im Team, das seit Ole Bischofs Olympia-Gold 2008 auf einen großen Titel bei WM oder Olympia wartet.

Kanu: Die Kanuten wollen wie in der Vergangenheit bei Sommerspielen erfolgreichster deutscher Verband werden. Die Aussichten sind prima. In London 2012 gab’s für Renn- und Slalom-Paddler acht Medaillen, diesmal könnten es ähnlich viele werden. Größte Gold-Hoffnung ist Renn-Ass Sebastian Brendel im Canadier-Einer über 1000 Meter.

Leichtathletik: Nach jeweils acht Medaillen bei Olympia 2012 in London und bei der WM 2015 in Peking soll der Aufwärtstrend anhalten. Die größten Hoffnungen liegen auf den Werfern um Robert Harting, David Storl, Christina Schwanitz, Christina Obergföll und Thomas Röhler.

Moderner Fünfkampf: Bei der Medaillenvergabe gilt Lena Schöneborn als heißer Kandidat. In allen internationalen Wettbewerben landete sie in dieser Saison auf den ersten drei Plätzen. Den WM-Titel aus dem Vorjahr konnte die Wahl-Berlinerin indes nicht verteidigen. In Rio startet sie als WM-Dritte in ihren dritten olympischen Fünfkampf.

Pferdesport: Drei bis fünf Medaillen der deutschen Reiter erwartet der DOSB. Das erscheint nach den Ergebnissen der zurückliegenden Wettkämpfe realistisch, es könnten auch einige Plaketten aus Gold sein. Vor allem das Dressur-Team gilt als Top-Favorit. In Form sind auch die Vielseitigkeitsreiter, die zuletzt zweimal für Doppel-Gold gesorgt hatten.

Radsport: Kurz nach der Tour de France steht für die Radprofis gleich der nächste Höhepunkt an. Mit einem Erfolg von Tony Martin und Co. ist in Rio auf der Straße nicht zu rechnen. Besser sind die Chancen der deutschen Bahnrad-Weltmeister Kristina Vogel und Joachim Eilers, die wie Mountain-Bikerin Sabine Spitz auf Edelmetall hoffen.

Ringen: Mit Weltmeister Frank Stäbler haben die Griechisch-Römischen einen Sieganwärter in ihren Reihen. Die Generalprobe beim Großen Preis von Dortmund ist mit einem Finalsieg geglückt. Zudem werden die starken Frauen von Ex-Weltmeisterin Aline Focken angeführt. Sie ist bei jeden Wettkampf für einen Platz auf dem Treppchen gut.

Rhythmische Sportgymnastik: Der letzte Test in Baku fiel aus, um kein Risiko beim Überflug der Türkei einzugehen. Die deutsche Gruppe sieht sich gewappnet für den Kampf um den Finaleinzug. Jana Berezko-Marggrander bleibt trotz zuletzt stabiler Leistungen realistisch und gibt Platz 15 als Ziel aus.

Rudern: Der Ruderverband möchte vier Medaillen und hofft auf mindestens zwei Mal Gold. Die besten Chancen haben der Deutschland-Achter und die Doppelvierer bei Frauen und Männern. Alle drei Boote bekommen es allerdings mit starker Konkurrenz zu tun. Marcel Hacker will mit Stephan Krüger im Zweier noch mal aufs Podium.

Rugby: keine deutschen Teams am Start

Schießen: Nach dem medaillenlosen Abschneiden in London ist der Generationenumbruch gelungen. Das 17-köpfige Team ist vor allem im Gewehrbereich stark aufgestellt und hat in der Disziplin Schnellfeuerpistole mit Christian Reitz und Oliver Geis gleich zwei Mitfavoriten am Start. Beim vor-olympischen Weltcup in Rio gab es zwölf Finalteilnahmen und vier Medaillen.

Schwimmen/Becken: Der Tiefpunkt ohne Medaille 2012 scheint überwunden: Weltmeister Marco Koch über 200 Meter ist heißester Gold-Kandidat, hat aber auch die härteste Konkurrenz, ähnlich wie Paul Biedermann (200 Meter Freistil). Daneben hegen Europameisterin Franziska Hentke (200 Meter Schmetterling) und die Männer-Freistilstaffel über 4 x 200 Meter leise Medaillen-Ambitionen.

Schwimmen/Freiwasser: Nach dem Rücktritt von Rekord-Weltmeister Thomas Lurz wird eine weitere Medaille zwar schwer, ist aber nicht unmöglich. Isabelle Härle und Christian Reichert müssen sich in den Atlantik-Wellen jeweils gegen 24 Konkurrenten durchsetzen.

Wasserspringen: Die Männer müssen es richten. Vom Turm sind die Synchronspringer Patrick Hausding und Sascha Klein ebenso zu beachten, wie Hausding vom Drei-Meter-Brett, sowie Klein im Einzel von der Zehn-Meter-Plattform. Beide kämpfen allerdings mit langwierigen Schulterproblemen.

Synchronschwimmen: Keine Deutschen dabei

Segeln: Nach nur einer Medaille bei den vergangenen drei Olympischen Spielen soll die Flaute vor Rio enden. Zwei Medaillen sind das Ziel. Laser-Vizeweltmeister Philipp Buhl, die 49er-Europameister Erik Heil/Thomas Plößel, die WM-Dritten Vicky Jurczok/Anika Lorenz (49erFX) oder auch RS:X-Surfer Toni Wilhelm könnten dazu beitragen.

Taekwondo: Die drei erfahrenen Deutschen hoffen auf Medaillen: Levent Tuncat holte bei der WM 2015 ebenso Bronze wie Tahir Gülec, Weltmeister von 2013. Rabia Gülec zeigte ihr Form mit Bronze bei der EM in Mai, hat aber in Rio einen schweren Auftaktkampf vor sich.

Tennis: Tommy Haas gewann zuletzt 2000 die Silbermedaille im Einzel. 16 Jahre später sind vier deutsche Damen und vier Herren in den Wettbewerben dabei. Beste Aussichten hat Angelique Kerber, die die beste Saison ihrer Karriere spielt, bei den Australian Open triumphierte und ins Wimbledon-Finale einzog. Auch im Mixed rechnet sich der Verband Medaillen-Chancen aus. Für Ärger sorgte die kurzfristige Absage von Toptalent Alexander Zverev.

Tischtennis: Die Top-Asse Dimitrij Ovtcharov und Timo Boll haben sich gezielt auf Rio vorbereitet. Bei den Testturnieren in Hamm und Fulda spielten sie stark auf. Gegen die Chinesen reicht gute Form aber nicht. Boll könnte bereits im Achtelfinale auf einen Top-Favoriten treffen. Ovtcharov hat als Nummer drei der Setzliste mehr Chancen. Im Team-Wettbewerb sind auch die DTTB-Damen am Start.

Trampolin: Für die einzige deutsche Starterin Leoni Adam ist die Qualifikation für Rio bereits ein Riesenerfolg. Eine Final-Teilnahme wäre eine Überraschung.

Triathlon: Nach den Nominierungs-Querelen sind nur Anne Haug und Laura Lindemann dabei. Deutsche Männer sind nicht am Start. Haug trägt die Hoffnungen auf ein Top-Ergebnis. Beim Bundesliga-Finale am vorletzten Juli-Wochenende wurde die 33-Jährige Zehnte, war aber aus dem vollen Training gestartet. Die 13 Jahre jüngere Lindemann zeigte mit Platz neun im WM-Rennen in Hamburg, dass sie nach Olympia gehört.

Turnen: Die Turnerinnen zeigten sich bei der Generalprobe in Top-Form, obwohl Kim Bui und Sophie Scheder nach Infekten nicht voll trainieren konnten. So stark war die Riege noch nie. Doch auch die Männer verbreiteten beim Training in Kienbaum beste Stimmung. Chancen auf Medaillen gibt es am Reck und am Barren.

Volleyball/Beach: Laura Ludwig und Kira Walkenhorst wollen in Rio auf den Spuren von Julius Brink und Jonas Reckermann wandeln, die vor vier Jahren in London erstmals für Deutschland olympisches Gold aus dem Sand buddelten. Die Hamburgerinnen holten den EM-Titel und gewannen gerade erst das Top-Turnier am Wörthersee. Auch die EM-Dritten Karla Borger und Britta Büthe rechnen sich etwas aus. Markus Böckermann und Lars Flüggen gehen als Außenseiter ins Rennen.

Volleyball/Halle: keine deutschen Teams dabei

Wasserball: kein deutsches Team dabei




Fotocredits: Bernd Thissen,Frank Rumpenhorst,Eddy Lemaistre,David Ebener

(dpa)