Frankfurt/Main – Treffpunkt, Teamfoto, Training: Gleich nach dem Wiedersehen in Frankfurt verdeutlichte die neue deutsche Fußball-Generation ihren immensen Confed-Cup-Ehrgeiz.
«Das Turnier ist für jeden von uns wichtig», erklärte der Neu-Münchner Niklas Süle (21). Im Vorjahr hatte der von Hoffenheim zum FC Bayern wechselnde Abwehrspieler in Rio de Janeiro mit die olympische Silbermedaille gewonnen. «Da wurde uns zuvor auch nicht so viel zugetraut», verwies Süle auf Parallelen zu diesem Sommer.
Beim Probelauf für die WM 2018 streben Joachim Löws Perspektivspieler nach einem ähnlichen Erfolg. Und sie sehen sich als Repräsentanten des deutschen Fußballs in der Pflicht. «Wenn du als Weltmeister zum Confed Cup fährst, ist es immer ein Ziel, Titel zu gewinnen», sagte der 23 Jahre alte Emre Can vom FC Liverpool. Kapitän Julian Draxler huschte nach einem Kurztrip ans Mittelmeer wortlos in die Lobby.
Der Bundestrainer, der mit schwarzem T-Shirt und Sonnenbrille zwei Minuten nach dem offiziellen Treffpunkt am Teamhotel ankam, hatte zum Auftakt der letzten Vorbereitungs-Etappe auf den WM-Probelauf gleich ein umfangreiches Programm angesetzt. Vor dem Training im Sportpark Kelsterbach südöstlich von Frankfurt war der offizielle Fototermin anberaumt. Natürlich wittern die Turnier-Neulinge wie Sandro Wagner (29) oder Timo Werner (21) ihre Chance, auf dem offiziellen WM-Teamfoto 2018 wieder aufzutauchen.
Auch Löw hat nach der ersten Schnupperwoche mit vielen Neulingen und Nachrückern im eigentlich ungeliebten Turnier in vier russischen Städten schon einen ganz speziellen Reiz ausgemacht. «Ich sehe beim Confed Cup überhaupt kein Risiko, ganz im Gegenteil», sagte der Bundestrainer entschlossen im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Die Herausforderung, die quasi ohne alle großen WM-Stars am kommenden Montag in Sotschi gegen Australien beginnt, sei «eine Chance» und «eine Horizont-Erweiterung» für sein Personal, betonte Löw.
Donnerstag bricht der DFB-Tross nach Russland auf. «Es wird für einige Spieler eine wichtige Erfahrung sein, mit der A-Mannschaft gegen Australien, Kamerun oder Chile zu spielen. Denn das ist noch etwas anderes als Bundesliga oder Europa League. Das sind andere Mentalitäten, andere Ideen vom Fußball als das, was wir hier kennen», erklärte der Weltmeistercoach.
Dass in seinem 22-köpfigen Kader die Stammkräfte und Fanlieblinge von Manuel Neuer über Mats Hummels bis zu Mesut Özil und Toni Kroos fehlen, verteidigte Löw nochmals mit deutlichen Worten: «Die Russen werden unsere Stars im kommenden Jahr sehen. Der Confed Cup ist ein Turnier zum Testen – für den Gastgeber genauso wie für uns.»
Der Bundestrainer will in Russland mit seinen Spielern die für eine erfolgreiche WM-Titelverteidigung 2018 mitentscheidenden Kleinigkeiten ausloten. Das betrifft die Fähigkeiten seiner Akteure ebenso wie die Bedingungen im Land des WM-Gastgebers: «Nächstes Jahr müssen wir top in Form sein und eine gute Performance abliefern.»
Ein klares Ziel in Form einer Turnierplatzierung für diesen Sommer mag Löw nicht vorgeben, auch wenn der Test gegen Dänemark (1:1) und das WM-Qualifikationsspiel gegen San Marino (7:0) durchaus als Hoffnung weckende Proben zu werten sind. «Das werde ich auch intern nicht formulieren», unterstrich der 57-Jährige: «Ich werde schauen, dass wir eine möglichst homogene Mannschaft auf den Platz bekommen, die mit Einsatzfreude und Spielfreude zu Werke geht.»
Die Schwerpunkte der finalen Präparation hat Löw bereits benannt: Verfeinerung der Offensive, Aufbau einer stabilen defensiven Organisation und das Einüben von Standardsituationen. «Wir sollten wirklich mal komplett durchschnaufen», sagte Lars Stindl (28) nach den freien Tagen: «Jetzt freuen wir uns auf den Confed Cup.» Der Gladbacher ist ebenfalls neu in der deutschen Elitemannschaft.
Vor allem international wird Löws Kaderauswahl kritisch gesehen. Europameister Portugal und Löws Turnierfavorit Chile haben alle Asse dabei. «Ich kann natürlich eine gewisse Enttäuschung bei manchen verstehen. Doch die Fans wollen gerade bei uns diese Topspieler noch ein paar Jahre auf gutem Niveau sehen. Und sie wollen nicht sehen, dass sie verletzt sind», unterstrich Löw.
Der Freiburger betrachtet den Confed Cup auch als «willkommene Gelegenheit, um einfach noch mehr Erfahrung zu sammeln, das Land und die Menschen besser kennenzulernen, die Bedingungen vor Ort, die Stimmung aufzusaugen. Das WM-Stammquartier für 2018 will er deshalb auch erst nach den aktuellen Turniereindrücken benennen. Es sei zudem wichtig, dass man «auch hinter die Kulissen» des Gastgeberlandes blickt, meinte Löw: Klar sei, «dass wir nicht mit Scheuklappen durch andere Länder reisen. Die Umstände dort interessieren uns immer.»
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(dpa)