Dortmund – In der Bundesliga auf Formsuche, in der Champions League vor dem Aus. Die noch in den ersten Saisonwochen heile Dortmunder Fußball-Welt ist gehörig ins Wanken geraten – ausgerechnet vor dem nationalen Gipfel gegen den FC Bayern München.
Nur ein Heimsieg am Mittwoch über APOEL Nikosia (20.45 Uhr) kann verhindern, dass das Krisengerede lauter wird. «Wir müssen sehen, dass wir wieder in die Spur kommen und erwarten eine Reaktion der Mannschaft», kommentierte Sportdirektor Michael Zorc.
Die Hoffnung auf ein Überwintern in der Königsklasse haben die Borussen ohnehin längst aufgegeben. Nach bisher nur einem Zähler aus drei Spielen nehmen sie den Trostpreis Europa League ins Visier. Schließlich rangieren die weiteren Gruppengegner aus Madrid und London bereits sechs Punkte vor der Borussia. «Wir sind alle keine Träumer. Dass wir die Punkte auf Real Madrid und Tottenham aufholen, ist äußerst schwierig», bekannte Zorc, «jetzt geht es darum, den dritten Platz zu festigen.»
Nicht nur das dürftige 1:1 im Hinspiel vor zwei Wochen beim punktgleichen Außenseiter aus Zypern schärft die Sinne. Nach dem bedenklichen Auftritt in Hannover (2:4), mit dem die wochenlange Bundesliga-Tabellenführung verspielt wurde, bat Peter Bosz sein Team zum Rapport. Hauptthema der Trainerschelte soll die zuletzt löchrige Defensive mit allein neun Gegentoren in den vergangenen drei sieglosen Meisterschaftsspielen gewesen sein. Laut Zorc zeigte sich die Mannschaft «selbstkritisch».
Doch nicht nur die Einstellung der Profis wird öffentlich hinterfragt. Auch die fehlende Flexibilität des Trainers, der trotz der jüngsten Flut an Gegentreffern und nur einem Erfolg aus den vergangenen fünf Pflichtspielen unbeirrt an seinem mutigen 4-3-3-System mit hoch stehender Abwehr festhält, provoziert bundesweit Widerspruch.
Selbst Joachim Löw riet dem Niederländer, das System zumindest kritisch zu hinterfragen. «Klar kann man als Trainer auch die Einstellung bemängeln – die Idee, die man hat, möchte man schon immer verfolgen», sagte der Bundestrainer dem ZDF. «Natürlich immer mit einer Flexibilität, die man braucht. In manchen Situationen muss man vielleicht auch mal einen Schritt zurückgehen.»
Auf die anhaltende Medienkritik am taktischen Credo des Trainers reagiert die Vereinsführung zunehmend genervt. Zorc nannte sie «schizophren», BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke «krank». Nach Einschätzung der beiden Führungskräfte hat der momentane Abwärtstrend mehr mit der mangelnden Zweikampfhärte der Profis als mit dem Konzept des Trainers zu tun.
Und auch dem Coach fällt es zunehmend schwer, gewohnt geduldig auf entsprechende Fragen zu antworten. «Wenn wir gegen Nikosia gewinnen, spricht keiner mehr von Krise», kommentierte Bosz. Mit süßsaurer Miene fügte er an: «Und wenn wir gegen Bayern verlieren, sprechen wieder alle von Krise.» Kapitän Marcel Schmelzer empfahl allen Beteiligten, Ruhe zu bewahren: «Was bringt es, wenn wir den Teufel an die Wand malen?»
Immerhin gibt es auch noch gute Nachrichten für die Dortmunder. Rechtzeitig zum zweiten Duell mit Nikosia am Mittwoch und dem Spitzenspiel des Zweiten gegen den aktuellen Bundesliga-Spitzenreiter aus München drei Tage später an gleicher Stätte meldeten sich Abwehrspieler Ömer Toprak und Mittelfeldspieler Mahmoud Dahoud gesund zurück. Zumindest Toprak dürfte es gegen die Zyprer in die Startformation schaffen.
Noch größer als in Dortmund sind derzeit die Sorgen in Nikosia. Nach dem 1:1 gegen den Tabellenletzten Ethnikos Achnas ist der Serienmeister in der zyprischen Liga nur Achter. Deshalb bot Trainer Georgios Donis, dessen Sohn Anastasios beim VfB Stuttgart unter Vertrag steht, in den vergangenen Tagen sogar seinen Rücktritt an. Doch die Vereinsführung lehnte ab.
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(dpa)