Karlsruhe – Die Polizei hat im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Terroranschlag auf den BVB-Mannschaftsbus einen Islamisten als Tatverdächtigen festgenommen.
Bei dem Mann und einem ebenfalls aus dem islamistischen Spektrum stammenden weiteren Verdächtigen seien die Wohnungen durchsucht worden, sagte die Sprecherin der Bundesanwaltschaft, Frauke Köhler, in Karlsruhe. Es werde geprüft, ob gegen den Festgenommenen Haftbefehl beantragt werde. Köhler sprach von einem terroristischen Hintergrund der Tat. Eine abschließende Bewertung sei aber noch nicht möglich.
Nach Angaben von Köhler waren die drei Sprengsätze mit Metallstiften bestückt. Ein Metallstift habe sich in die Kopfstütze eines Bussitzes gebohrt. Die Sprengsätze hätten eine Sprengwirkung von mehr als 100 Metern gehabt. Die Frage nach dem Zündmechanismus und der Art des Sprengstoffes sei Gegenstand der kriminaltechnischen Untersuchungen. Die genaue Motivlage des Anschlags sei derzeit noch unklar.
Köhler sagte, am Anschlagsort seien drei Bekennerschreiben mit gleichem Text gefunden worden. Demnach scheine ein islamistischer Hintergrund der Tat möglich. Unter anderem werde in den Schreiben der Abzug von Tornado-Kampfflugzeugen der Bundeswehr aus Syrien und die Schließung des US-Luftwaffenstützpunktes Ramstein gefordert, bestätigte sie. Experten würden das Schreiben besonders auch unter islamwissenschaftlichen Gesichtspunkten untersuchen.
Bei einem in der Nacht im Internet auf der Seite «linksunten.indymedia.org» veröffentlichten weiteren Bekennerschreiben bestünden nach einer ersten Bewertung erhebliche Zweifel an der Echtheit. In dem Schreiben wird ein linksextremistischer Hintergrund des Anschlags behauptet.
Es gibt nach Regierungsangaben keine Informationen für eine besondere Bedrohungslage vor dem neu angesetzten Champions-League-Spiel des BVB. Das Bundesinnenministerium habe keine Hinweise darauf, sagte ein Sprecher in Berlin. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) versprach den Fans für das Spiel gegen den AS Monaco am Abend (18.45 Uhr) größtmögliche Sicherheit. «Wir haben die Polizeikräfte in Dortmund für heute Abend nochmal deutlich erhöht», sagte er.
Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte den Anschlag als widerwärtige Tat. Sie habe in einem Telefonat mit BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke dem Trainerstab, der Mannschaft und den Fans alles Gute gewünscht, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Sie habe ein großes Lob an die Fans beider Mannschaften und an die Polizei ausgesprochen. Sie sei wie viele Millionen Menschen entsetzt. «Das ist eine widerwärtige Tat», sagte Seibert.
Der Angriff hatte sich am Dienstagabend ereignet. Der BVB-Bus war gerade vom Mannschaftshotel in Richtung Stadion losgefahren, um das Team zum Viertelfinale der Fußball-Königsklasse gegen Monaco zu bringen, als die in einer Hecke versteckten Sprengsätze detonierten. Dortmunds Abwehrspieler Marc Bartra wurde schwer an Hand und Arm verletzt und operiert. Ein Polizist erlitt ein Knalltrauma und einen Schock. Die Ermittler gingen von einer gezielten Attacke auf den Bus aus. Sie sprachen vom Verdacht auf ein versuchtes Tötungsdelikt.
Die Dortmunder Mannschaft absolvierte am Vormittag auf dem Trainingsgelände eine knapp halbstündige, nicht öffentliche Übungseinheit. Vor dem Gelände versammelten sich einige Fans. Auf einem Plakat stand: «You’ll never walk alone». Nach dem Training verließen die meisten Profis das Gelände wieder mit ihren Privatwagen. «Ich habe gerade in der Kabine an die Mannschaft appelliert, der Gesellschaft zu zeigen, dass wir vor dem Terror nicht einknicken», sagte BVB-Geschäftsführer Watzke. «Wir spielen heute nicht nur für uns. Wir spielen für alle. Egal, ob Borusse, Bayer oder Schalker.»
Am Morgen sicherte die Polizei den Tatort und suchte nach Spuren. An den Zufahrten standen Einsatzkräfte mit Maschinenpistolen und schusssicheren Westen. Die Polizei kündigte an, mit verstärkten Kräften bei dem Nachholspiel am Mittwochabend für Sicherheit sorgen. Wegen verstärkter Kontrollen sei mit Wartezeiten beim Einlass sei zu rechnen, hieß es in einer BVB-Mitteilung. Rucksäcke dürften nicht mit ins Stadion genommen werden.
Auch bei dem Champions-League-Heimspiel des FC Bayern München gegen Real Madrid am Abend (20.45 Uhr) sollten Polizeiangaben zufolge mehr Beamte als geplant eingesetzt werden. Der Deutsche Fußball-Bund äußerte sich zunächst nicht über mögliche Folgen für künftige Bundesligabegegnungen.
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(dpa)