Racice/Tschechien – Zweimal Kanu-WM-Gold in nur sieben Minuten ist schon rekordverdächtig. Der Dresdner Tom Liebscher gab gerade sein Sieger-Interview, als Sebastian Brendel zu seinem unnachahmlichen Schlussspurt ansetzte.
Der dreimalige Olympiasieger aus Potsdam bezwang am Samstag auf seiner Paradestrecke über 1000 Meter erneut den Tschechen Martin Fuksa und holte nach 2014 und 2015 das dritte WM-Gold in Serie.
Dritter wurde der Brasilianer Isaquias Queiroz dos Santos, der seinen gerade geborenen Sohn aus Respekt vor dem Champion den Vornamen Sebastian gab. «Das ist eine große Ehre für mich. Ein ganz großes Dankeschön. Ich hoffe, dass ich seinen Sohn bald sehen kann», sagte der 29-jährige Brendel, der zur Siegerehrung ein T-Shirt mit einem Dankeschön in Richtung des Brasilianers trug.
Es war wieder so ein knallharter Schlussspurt von Brendel, der für die 1000 Meter gut 230 bis 240 Paddelschläge braucht. Allein am Start schiebt er pro Schlag gut 70 Kilogramm beiseite. «Bei 500 Meter hatte ich gedacht, vielleicht ist Fuksa ein Ticken zu weit weg. Im Endspurt bin ich aber nochmal gut abgegangen», sagte Brendel, der nach Rio eine lange Pause gemacht hatte. «Das brauchte ich mental und auch körperlich.»
Fuksa hatte mit Blick auf die WM durchtrainiert. «Er hat nach Rio alles investiert. Man will zu Hause natürlich zeigen, dass man der Stärkste ist», meinte Brendel. DKV-Sportdirektor Jens Kahl sprach Klartext: «Basti ist eine Kampfsau hoch zehn. Wenn er sich irgendwo festbeißt, dann tut es mir leid für jeden Gegner.»
Überrascht war er jedoch vom starken Auftritt des Sachsen Liebscher. Im Kajak-Einer über 1000 Meter besiegte er im Schlussspurt den Portugiesen Fernando Pimenta und den Tschechen Josef Dostal. «Im Rennen habe ich gemerkt, es läuft und ich habe noch Körner», meinte der 24-Jährige, der sein eigenes Ding durchzog. «Die Trainer wollten viel mehr über die Renntaktik reden als ich, ich hab sie mir lieber mit ins Bett genommen und hab mir meinen eigenen Teil gedacht.»
Bundestrainer Arndt Hanisch war nach dem Sieg völlig geplättet: «Er hat sein Herz in die Hand genommen. Dass er zum Schluss nochmal richtig abdrücken kann, wissen wir.»
Die Olympia-Zweiten Franziska Weber und Tina Dietze gewannen im Kajak-Zweier über 500 Meter Silber hinter den starken Neuseeländerinnen Lisa Carrington/Caitlin Ryan. «Ich hatte ganz schön zu tun auf der Strecke. Als die Boote an uns vorbeifuhren, dachte ich schon, ich will doch die Medaille», meinte die erschöpfte Potsdamerin Weber und verriet: «Tina hat schon 200 Meter vor dem Ziel den Endspurt angezogen und plötzlich wahnsinnige Kräfte freigesetzt.»
Leer gingen die Rio-Olympiasieger im Vierer, Max Hoff und Marcus Groß, aus. Im Kajak-Zweier über 1000 Meter wurden sie nur Fünfte. Die Hannoveranerin Sabrina Hering verpasste im Einer-Kajak über 500 Meter als Vierte die Medaille. Der ab 2020 in Tokio dann olympische Zweier-Canadier der Frauen mit Ophelia Preller und Annika Loske (beide Potsdam) fuhr nach 500 Metern als Siebter über die Ziellinie.
Fotocredits: Šulová Kateřina,Vondrous Roman
(dpa)