Berlin (dpa) – Den garantierten Startplatz für das Gastgeberland Brasilien muss Miriam Nagl nach derzeitigem Stand gar nicht in Anspruch nehmen. Die 35 Jahre alte Berlinerin spielt in dieser Saison ihr bestes Golf und wäre automatisch für das Feld der 60 Spielerinnen qualifiziert.
Erstmals seit 1904 kehrt Golf in das olympische Programm zurück. Sie hat die doppelte Staatsbürgerschaft, weil sie in Brasilien geboren ist und erst mit acht Jahren mit ihren deutschen Eltern wegzog. Nagl spielte ihre ganze Jugend in Deutschland und gehörte zu den besten Amateurinnen. Gegen Sandra Gal und Caroline Masson hätte sie aber keine Chance auf eines der zwei deutschen Tickets nach Rio.
Als eine der wenigen Golfer hat sie den neuen Olympic Golf Course im Stadtteil Barra da Tijuca beim Eröffnungsturnier in diesem Frühjahr gespielt und mit 67 Schlägen bestens bewältigt. «So gut gespielt zu haben, gibt mir Selbstvertrauen. Es wird ein starkes Feld werden, da ist es gut, ein wenig Platzkenntnis zu haben», sagt die Deutsch-Brasilianerin, die von dem Par-71-Platz über 5944 Meter eingenommen ist: «Alle Spieler waren begeistert von der guten Grasqualität und das sehr interessante Design. Es ist ein toller Platz».
Gerade war sie bei einem Termin bei der brasilianischen Luftwaffe, für die sie repräsentative Termine übernimmt. Bei ihren kurzen Aufenthalten bekommt sie großen Zuspruch, man interessiert sich für ihre Geschichte. Ihr Portugiesisch ist nicht fließend, aber sie kommt gut durch.
Den Großteil der Kosten im Vorfeld muss die Mutter einer kleinen Tochter selbst übernehmen, nach Olympia hofft sie auf einen Platz in der brasilianischen Sportförderung. Auch ihren Trainer, der in San Francisco lebt, zahlt die Profi-Golferin selbst. Bis zu drei Stunden Fitnesstraining täglich absolviert sie allein zu Hause, bevor sie im Berliner Norden auf den Platz geht. Um ihr Ticket für Olympia festzuzurren, will sie in dieser Woche in Pilsen auf der Ladies European Tour spielen und danach bei der US Open gut abschneiden.
Für Olympia wird sie schon am 21. Juli mit der gesamten Familie anreisen, sich in ihrer alten Heimat Curitiba im Süden Brasiliens akklimatisieren. Während der Spiele muss sie im olympischen Dorf, das etwa neun Kilometer vom Golfplatz entfernt liegt, wohnen. Nagl freut sich auf Kollegen wie Martin Kaymer, den sie schon lange kennt.
Ein wenig Sorge bereitet ihr der Zika-Virus: «Man nimmt ein gewisses Risiko in Kauf, ich bin ein wenig besorgter als sonst.» Vor jeder Übungsrunde in der Natur werde sie das Moskito-Spray sorgfältig benutzen. Als Ziel hat sich Miriam Nagl einen Platz unter den Top 20 gesetzt.
Fotocredits: Antonio Lacerda