Wien – Ein kollektives Bad im Pool und eine ausgelassene Sause wie vor einem Jahr an der Copacabana gab es dieses Mal bei der Siegerparty von Laura Ludwig und Kira Walkenhorst nicht.
Die besten Beachvolleyball-Spielerinnen der Welt feierten ihren ganz speziellen WM-Sieg von Wien in der Nacht eher ruhig in einem kleinen Weinlokal außerhalb der Stadt. Vor allem Stolz war spürbar im «Distl» in Perchtoldsdorf. «Es war ein komplett anderes Turnier als beim Olympiasieg in Rio», sagte Walkenhorst, die wie ihre Partnerin den Sport-Bikini gegen ein schickes Sommerkleid getauscht hatte.
«Was wir die letzten zehn Tage gemacht haben, kann man nicht glauben», betonte Ludwig. Mit dem 2:1 (19:21, 21:13, 15:9) in einem hochklassigen WM-Endspiel gegen die starken US-Amerikanerinnen April Ross und Lauren Fendrick sind Ludwig/Walkenhorst endgültig zu den Beachköniginnen Nummer eins aufgestiegen. Drei gemeinsame deutsche Meisterschaften, zwei EM-Erfolge, Sieg beim Worldtour-Finale, der Olympia-Triumph und nun als erstes deutsches Damenteam Weltmeister – das hat vor ihnen niemand geschafft.
Bei den Männern verpassten die Gastgeber eine Sensation. Neuer Weltmeister ist wieder Brasilien. Die Österreicher Clemens Doppler und Alexander Horst unterlagen vor 10 000 euphorisierten Zuschauern in der voll besetzten WM-Arena gegen das brasilianische Duo Evandro und Andre Loyola mit 0:2 (21:23, 20:22).
«Ich bin noch überwältigt und habe Gänsehaut», sagte Jana Köhler zur Vorstellung von Ludwig/Walkenhorst. Die neue Sportdirektorin des Deutschen Volleyball-Verbandes verteilte bei der Feier im Heurigen selbst lackierte schwarz-rot-goldene Rosen an alle, die am außergewöhnlichen Erfolg des Ausnahme-Duos ihren Anteil hatten, vom Physiotherapeuten Jochen Dirksmeyer über die Mentaltrainerin Anett Szigeti und die Balltrainerin Helke Claasen bis zu Chefcoach Jürgen Wagner. «Es waren die schwierigsten zehn Tage, die ich als Trainer erlebt haben», sagte der erfahrene Coach.
Quasi während der WM musste der 61-Jährige, der schon Julius Brink und Jonas Reckermann zu Weltmeistern und Olympiasiegern gemacht hatte, sein Team in WM-Form bringen. Dazu kam die Schulterverletzung bei Walkenhorst. Die Monate zuvor waren wegen einer Schulter-OP bei Ludwig und den gesundheitlichen Problemen von Walkenhorst quasi kein Training und keine Wettkämpfe auf Topniveau möglich.
«In schweren Zeiten habe ich immer mal wieder die Olympia-Medaille herausgeholt und sie mir umgehangen», berichtete Ludwig. Doch das Nicht-Aufgeben und die harte Maloche sind die wohl größten Stärken der Weltmeisterinnen. 60 000 Dollar Prämie und die sechste deutsche WM-Medaille im Sand sind die Belohnung. «Sie würde nie abbrechen, auch wenn ihr Arm abfallen würde», sagte Ludwig über ihre Partnerin. Walkenhorst ergänzte: «Wir mussten viel mit dem Kopf machen.»
Auch der große Glamour nach Rio hat beide nicht verändert, verriet Trainer Wagner: «Sie haben es extrem gut hinbekommen, weiter natürlich und entspannt zu sein. Von Überheblichkeit und Arroganz hat es nicht einmal einen Ansatz gegeben.» Schnitzel und Kartoffelsalat passten so auch besser zur Siegerparty als ein Gourmet-Menü.
Den Finalauftritt vor 10 000 Zuschauern im prall gefüllten Wiener WM-Stadion hatten die 27 Jahre alte Walkenhorst und ihre vier Jahre ältere Partnerin Ludwig genossen, auch wenn sie gegen die USA harten Widerstand brechen mussten. Ein bisschen hätten sie sich bei der Lautstärke und der Riesen-Stimmung auf der Donauinsel «wie Gladiatoren gefühlt», sagte Ludwig: «Uns wurde nichts geschenkt. Man muss sich wie in der Liebe alles immer wieder neu erarbeiten.»
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(dpa)