München – Uli Hoeneß gab sich ungewohnt gönnerhaft. «An Dortmund kommt in der Meisterschaft keiner vorbei», sagte der Präsident des FC Bayern nach dem 2:3 im Bundesliga-Topspiel über die Form des BVB.
Dieser Zustand und der im Münchner Selbstverständnis unerträgliche fünfte Tabellenplatz in der Bundesliga aber nagen am Fußball-Rekordmeister. Also ließ es sich Hoeneß am Wochenende nicht nehmen, die Konkurrenz schon subtil vor 2019 zu warnen. Dann werde Geld für neue Stars in die Hand genommen. Dann werden die Bayern «das Mannschaftsgesicht ziemlich verändern», wie der Clubboss im TV-Sender Sky sagte. Dann will das Imperium zurückschlagen – mal wieder!
Dass der Serienmeister eine Blutauffrischung benötigt, das wurde im rasanten Spitzenduell bei der Borussia deutlich, auch wenn Hoeneß meinte: «Das mit dem Alter, das ist alles Käse.» Fünf Profis in der Bayern-Startelf waren schon in ihren 30ern, dazu kommen Mats Hummels und Thomas Müller, die nicht mehr lange 29 Jahre alt sind. Zum Vergleich: Dortmunds Formation war im Schnitt erst 25 Jahre alt.
Verwöhnt von sechs Meistertiteln in Serie hatten die Münchner auf einen personellen Umbruch vor dieser Saison verzichtet. Nur die Nationalspieler Leon Goretzka und Serge Gnabry (beide 23) stießen neu zum Team. Die altgedienten Stars Franck Ribéry (35) und Arjen Robben (34) erhielten einen (diesmal wohl wirklich) letzten Vertrag. Doch die einst gefürchtete Flügelzange ist über ihren Zenit. Auch Routiniers wie Hummels, Müller, Jérôme Boateng und Javi Martinez wirken müde und verschlissen – körperlich oder mental oder beides.
Im bewusst verknappten Kader gibt es zudem auch wegen einiger Verletzungen zu wenig Alternativen. Ganz anders als bei den prächtig verstärkten Dortmundern, bei denen der neue Trainer Lucien Favre aus einem aufregenden Reservoir an Topstars und Großtalenten schöpfen kann. «Wir hatten zum ersten Mal seit 14 Jahren, seit ich diesen Job mache, eine Ersatzbank, die sich nicht vor der von Bayern München verstecken musste», sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.
Sätze wie dieser treffen die Bayern in ihrem Markenkern. Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge dürften bereits Großes vorbereiten. Nicht für die Winterpause. Da will Hoeneß Trainer Niko Kovac neben dem bereits fixierten Transfer des Kanadiers Alphonso Davies (18) keinen weiteren Spieler holen.
Aber nach der Spielzeit wird an der Säbener Straße, wo den jüngsten Hoeneß-Aussagen über einen Abschied zufolge auch ein Umbruch an der Vereinsspitze näher rückt, aufgerüstet. Schon im Sommer, als Bayern noch Bundesligafavorit und weit entfernt von Ergebniskrisen und Topspiel-Niederlagen war, hatte Hoeneß verkündet: «Wir sammeln im Moment ein bisschen Geld ein für den Fall, dass wir nächstes Jahr mal etwas größer einkaufen müssen. Aber das entscheiden die Spieler, die jetzt im Kader sind, ob wir nächstes Jahr mehr tun.»
Zuletzt sammelte die Generation Serienmeister wenig Argumente, um für sich und gegen umfangreiche Transferaktionen zu werben. Und auf Enttäuschungen reagiert der FC Bayern immer mit großen Einkäufen, das ist eine oft bewährte Taktik von Hoeneß und Rummenigge.
Als die Münchner 2007 den Einzug in die Champions League verpassten, holten sie auf einen Schlag Franck Ribéry, Miroslav Klose und Luca Toni. Auf den zweiten Meistertitel des BVB 2012 reagierte Bayern mit der Verpflichtung von Martínez für die Rekordsumme von 40 Millionen Euro. Und weil die Borussia in jenen Jahren arg gefährlich blieb für den erfolgreichsten deutschen Verein, wurden ihr in den nächsten zwei Jahren die Stars Mario Götze und Robert Lewandowski weggeschnappt.
Diesmal wähnen sich zumindest die Schwarz-Gelben in Sicherheit vor einem eventuell allzu wilden Münchner Kaufrausch. «Zu Zeiten von Robert Lewandowski und Mario Götze konnten wir uns noch nicht wehren. Dass im nächsten Jahr einer von unseren Jungs das Trikot von Bayern München trägt, würde ich ausschließen», verkündete BVB-Boss Watzke bei Sky und erklärte selbstbewusst: «Wir haben da ein bisschen vorgesorgt. Bei uns gibt es keine Ausstiegsklausel.»
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(dpa)