Istanbul – Thomas Müller sprach über ein «wildes Spiel» und Jérôme Boateng ärgerte sich über «dumme Fehler». Nachsichtig gab sich dagegen Rekordmann Jupp Heynckes, der sich über den nächsten Viertelfinal-Einzug des FC Bayern München in der Champions League freute.
«Wenn man in Hin- und Rückspiel 7:0 führt, dann ist es menschlich, dass man mal nicht so konzentriert ist», sagte der Erfolgscoach nach dem 3:1 (1:0) beim türkischen Meister Besiktas Istanbul im Achtelfinal-Rückspiel.
Die Bayern stehen zum 17. Mal im Viertefinale der Königsklasse, daran bestand schon nach dem 5:0 im Hinspiel kein Zweifel mehr. «Wir nehmen die Gegner wie sie kommen», sagte Müller mit Blick auf die Auslosung am Freitag in Nyon, auch wenn es Schwergewichte wie Real Madrid oder Manchester City im Viertelfinale nicht unbedingt sein sollen. Der Traum vom nächsten Triple unter Heynckes lebt, wenngleich der Erfolgscoach noch abwiegelt: «Das Triple, die Champions League gewinnt man nicht ohne Weiteres. Soweit möchte ich noch nicht gehen.» Für Heynckes war es saisonübergreifend der elfte Sieg in der Champions League nacheinander, womit er eine Bestmarke aufstellte.
Daran konnte Besiktas nichts ändern, wie auch Bundestrainer Joachim Löw vor Ort begutachten konnte. Im Besiktas-Hexenkessel agierten die Bayern weitgehend abgeklärt und konnten noch am Mittwochabend zufrieden die Heimreise antreten. Vielleicht wartet am Wochenende schon die nächste Party, wenn womöglich schon vorzeitig die Meisterschaft eingefahren wird. «Ich rechne nicht damit, dass Schalke und Dortmund jeweils verlieren», sagte Hummels.
So oder so läuft alles nach Plan – wie auch größtenteils im Spiel in Istanbul. Nach der Führung durch den später verletzt ausgewechselten Thiago (18. Minute) und einem Eigentor von Gökhan Gönül (46.) sorgte der türkische Meister durch das 1:2 von Vagner Love (59.) nur kurzzeitig noch einmal für Stimmung unter den rund 36 885 Zuschauern. Der eingewechselte Sandro Wagner (83.) sicherte schließlich den verdienten Sieg.
«In der zweiten Halbzeit haben wir das Spiel nicht wirklich unter Kontrolle bekommen. Bei einem 3:1 denkt man eigentlich, dass man Vieles richtig gemacht hat. Es hat sich aber nicht so angefühlt», monierte Müller. Auch Boateng sah ein paar Schönheitsfehler: «Wir hatten Phasen, in denen wir zu leicht die Zweikämpfe verloren haben.»
Angestachelt von seinen heißblütigen Fans versuchte Besiktas Druck aufzubauen, an der Bayern-Hintermannschaft war aber nur selten ein Vorbeikommen. Schon früh war es passiert. Nach einer Flanke von Müller traf Thiago freistehend zur Münchner Führung. Es war zugleich das 100. Pflichtspiel-Tor des deutschen Meisters in dieser Saison. Allzu lange konnte sich der Spanier, der für den daheim gebliebenen Arjen Robben in die Startelf gerückt war, über sein Tor aber nicht freuen. Schon in der 35. Minute musste Thiago mit einer Verletzung am linken Fuß wieder vom Feld. Für den Mittelfeldspieler kam der Kolumbianer James ins Spiel. «Er hat unter der Fußsohle einen Schmerz gespürt. Ich glaube nicht, dass es schwerwiegend ist», sagte Heynckes zur Thiago-Verletzung.
Die Verletzung Thiagos und auch die Gelben Karten für die Innenverteidiger Mats Hummels und Boateng sowie Außenverteidiger Rafinha in einem längst entschiedenen Duell dürften Heynckes überhaupt nicht gefallen haben. Insbesondere bei Boateng ist nach einer weiteren Verwarnung eine Sperre fällig. Umso ärgerlicher, zumal von den Türken kaum Gefahr ausging.
In der zweiten Halbzeit dauerte es gerade einmal 28 Sekunden, ehe es für die Besiktas-Fans den nächsten Stimmungskiller gab. Nach einer Flanke von Rafinha beförderte Gönül den Ball ins eigene Tor. Spätestens nach dem zweiten Münchner Treffer schaltete die Heynckes-Elf in den Trainingsspiel-Modus. Für größere Begeisterung sorgte bei den türkischen Fans noch eine verirrte Katze auf dem Spielfeld.
Auf dem Rasen blieb dagegen alles beim Alten. Die Bayern kontrollierten das Geschehen und vergaben durch James eine weitere gute Gelegenheit (56.). In der Defensive ließ es der Bundesliga-Spitzenreiter aber zu arglos angehen. Ein Abspielfehler von Alaba leitete das Anschlusstor von Vagner Love ein. Kurz darauf vergab Mustaf Pektemek sogar die Chance zum Ausgleich (61.). Den Schlusspunkt setzte aber Wagner, der in seinem ersten Königsklassen-Spiel seit dem 24. November 2010 gleich traf.
Heynckes rechnet im April mit einem Comeback von Fußball-Nationaltorhüter Manuel Neuer. «Ich glaube ja», sagte er im ZDF auf Nachfrage. «Die Perspektive ist positiv. Es sieht sehr gut aus», ergänzte Heynckes. Neuer könne 80 Prozent des Körpergewichts belasten. Es werde aber kein Druck ausgeübt. Er werde in Absprache mit den Medizinern und Physiotherapeuten entscheiden, wann Neuer wieder spielen könne, betonte Heynckes.
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(dpa)