Naestved – Die deutschen Basketballer sind in der Qualifikation zur EM 2017 endgültig am Tiefpunkt angekommen. Nach dem Debakel von Dänemark droht das Team von Bundestrainer Chris Fleming mehr denn je das Ticket zur Europameisterschaft im kommenden Jahr zu verpassen.
Und das in einer Gruppe mit zweitklassigen Gegnern wie Österreich und den Niederlanden sowie einem dänischen Team, das den zuvor letzten Sieg vor drei Jahren im Duell der Basketball-Entwicklungsländer mit Luxemburg einfahren konnte.
102:106 nach drei Verlängerungen in Dänemark – nicht einmal die größten Kritiker des Deutschen Basketball Bundes hätten sich dieses Ergebnis vorstellen können. Schließlich hatten die Skandinavier zuvor sämtliche Partien der Gruppe B mit mindestens 18 Punkten Unterschied verloren, gegen Deutschland gab es für Dänemark in 18 Duellen zuvor noch nie einen Sieg.
Doch drei Tage nach der Heimniederlage gegen die Niederlande war der personell in diesem Sommer arg gebeutelten deutschen Mannschaft die große Verunsicherung in fast jeder Situation anzumerken. «Im zweiten Viertel haben wir dann unsere Köpfe verloren», analysierte Fleming die ernüchternde Vorstellung nach zumindest ordentlichem Beginn.
Ansonsten versuchte der Nationalcoach trotz der prekären Situation zumindest etwas Optimismus zu verbreiten. «An unserer Lage hat sich nicht viel geändert, mit zwei Siegen kommen wir zur EM. Da bringt es nichts, jetzt lange zu jammern», sagte Fleming.
Womit der 46-Jährige im Grund recht hat. Zwei Erfolge in den beiden noch ausstehenden Partien gegen Österreich am Mittwoch in Bamberg und drei Tage später beim Tabellenführer Niederlande – und Deutschland ist im kommenden Jahr doch beim Kontinentalturnier in der Türkei, Israel, Finnland und Rumänien dabei. Letztmals hatte eine deutsche Mannschaft vor 25 Jahren eine EM-Teilnahme verpasst. Damals spielte der inzwischen zurückgetretene Dirk Nowitzki noch nicht professionell Basketball und fast alle im aktuellen DBB-Team waren gar nicht geboren.
Allein vermittelt die nach vielen Absagen führungslose deutsche Mannschaft nicht den Eindruck, dass sie dem nervlichen Druck standhält. Der Deutsche Basketball Bund steht vor einer der wichtigsten Wochen seiner jüngeren Geschichte. Ein Verpassen der EM hätte zwar keinen Einfluss auf mögliche Teilnahmen an der WM 2019 in China und den Olympischen Spielen ein Jahr später in Tokio – die Signalwirkung wäre jedoch verheerend.
Der DBB scheint die Situation in diesem Sommer unterschätzt zu haben. Das fing damit an, dass der Verband Fleming eine Tätigkeit als Co-Trainer in der NBA erlaubte, obwohl dieser so das Jahr über seine Nationalspieler nicht live sehen oder besuchen konnte.
Und ging damit weiter, dass Spieler und Vereine ihre eigenen Interessen in den Vordergrund stellten. Anders ist die Vielzahl an Absagen von Profis wie Dennis Schröder, Anton Gavel, Maxi Kleber, Elias Harris, Lucca Staiger, Per Günther, Maik Zirbes und zuletzt auch noch Tibor Pleiß nicht zu verstehen.
Gegen Gegner wie Österreich, Niederlande und Dänemark würde es auch mit dem verbliebenen Kader reichen – so dachten alle. Und werden nun eines Besseren belehrt. Denn ohne gelernten Point Guard und nach der Pleiß-Abreise nur noch mit einem Center sind selbst die ganz Kleinen im internationalen Basketball für Deutschland derzeit zu groß.
Fotocredits: Ina Fassbender
(dpa)