Pyeongchang – Die 168 «Olympischen Athleten aus Russland» starten bei den Winterspielen in Pyeongchang auf Bewährung und stehen unter strenger Beobachtung.
Verstoßen sie nicht gegen den komplexen Verhaltenskodex, den das Internationale Olympische Komitee ihnen auferlegt hat, könnte Russland schon bei der Schlussfeier wieder Mitglied der olympischen Familie werden. Vorher müssen die Russen ohne eigene Fahne, Hymne und Kleidung an den Start gehen.
Dass Russland bis wenige Stunden vor der Eröffnungsfeier versucht hat, auf dem Klageweg noch mehr als 50 Athleten in das OAS-Team zu hieven, lässt für viele nicht auf Läuterung nach dem Doping-Skandal schließen. «Im Grunde müsste das russische Team dankbar sein, dass überhaupt nach den Doping-Verstößen so fein unterschieden wird und einzelne Athleten dabei sein dürfe», meinte Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes.
Mehr noch als Affront empfindet er es, wie russische Politiker und Sportfunktionäre mit dem Thema umgehen. «Dass der einzelne Athlet um seine Rechte kämpft, kann ich verstehen», sagte Hörmann. Nicht mehr akzeptabel sei, wie die Aufhebung der Olympia-Sperren von 28 russischen Athleten durch den Internationalen Sportgerichtshof CAS kommentiert wurde. «Das CAS-Urteil wurde so interpretiert, als wäre damit der Nachweis erbracht, in Russland wurde nicht gedopt», schimpfte Hörmann. Für ihn sei das eine «Unverfrorenheit und Dreistigkeit», die große Fragen hinterlasse.
Falls die Russen in den kommenden zwei Wochen weiter so kommunizieren sollte, empfehle er dem IOC dringend darüber nachzudenken, Russland vor der Schlussfeier wieder aufzunehmen. Hörmann: «Da müsste in Russland langsam aber sicher Demut und Selbstkritik laut werden.»
Die Olympia-Athleten verstehen den ganzen Klage-Wirrwar nicht mehr. «Man blickt ja kaum noch durch und kennt manchmal gar nicht den letzten Stand», bekannte Eisschnellläuferin Roxanne Dufter. «Wir sind das Thema schon ein bissel leid.» Im Training stand sie in den vergangenen Tagen mit der Russin Angelika Golikow auf dem Eis, hatte aber den Eindruck, «die Sportler sind doch ein wenig abgeschirmt von uns anderen».
Russische Athleten, die auch auf dem Rechtsweg die Spiele in Pyeongchang nicht mehr erreichten, reagieren trotzig. «Sie veranstalten eine geschlossene Party, sollen sie alleine feiern!», klagte der fünffache Eisschnelllauf-Weltmeister Pawel Kulischnikow. Er wolle erst bei den Ersatzspielen im März antreten, die Russland für die Ausgeschlossenen veranstalten will. «Ansonsten trainiere ich für die nächste Saison.»
Sportler aus dem OAS-Team wollen nun Konzentration für ein gutes Abschneiden. «Lasst sie in Ruhe auftreten!», forderte von der Heimat aus die Eiskunstläuferin Alina Sotnikowa, die in Sotschi 2014 umstritten Gold im Einzel geholt hatte. Alle russischen Medien rechnen die Medaillenchancen durch und kommen zu tröstlichen Ergebnissen. «Was immer auch war. Wir werden bei den Spielen in Pyeongchang nicht leer ausgehen», schrieb die Regierungszeitung «Rossijskaja Gaseta».
75 Prozent der russischen Athleten, die nach strenger Prüfung und vielen Doping-Tests dabei sein dürfen, werden das erste Mal bei Olympia an den Start gehen. «Nach dem engmaschigen Kontrollen verdienen die Russen auch die Wertschätzung für ihre möglichen Erfolge», meinte der deutsche Chef de Mission Dirk Schimmelpfennig.
Fotocredits: Jae C. Hong,Peter Kneffel
(dpa)