Innsbruck – Die «alte Schule» hat gesiegt. Der 38 Jahre alte Alejandro Valverde holte sich zum ersten Mal in seiner abwechslungsreichen Karriere den Weltmeistertitel auf der Straße.
Der Spanier, der von 2009 bis 2011 wegen Dopings gesperrt war, verwies im Spurt einer Vierergruppe den Franzosen Romain Bardet und den Kanadier Michael Woods in Innsbruck auf die übrigen Medaillenränge.
Die vier Schnellsten hatten sich im gefürchteten bis zu 28 Prozent steilen Final-Anstieg zur Höttinger Höll von einem Spitzenfeld abgesetzt, in dem bis zuletzt auch noch der Berliner Simon Geschke fuhr. Valverde, der 14 Jahre nach Oscar Freire wieder einen Titel nach Spanien holte, ließ seinen Konkurrenten nach 258 Kilometern keine Chance und gewann den Sprint vor der Hofburg von vorne. Geschke fuhr als bester der sechs deutschen Starter auf Rang 24 mit 1:54 Minuten Rückstand. Nach Angaben der Veranstalter säumten bei strahlendem Herbstwetter rund 250.000 Zuschauer den Straßenrand.
Valverde jubelte und lag sich mit seinen Teamkollegen und Betreuern in den Armen. «Ein Traum wird wahr, ich kann es immer noch nicht glauben. Es war ein sehr langer Sprint. Das ist nicht nur mein Sieg, sondern der Sieg der ganzen Nationalmannschaft. Das ist der größte Erfolg meiner Karriere», sagte der spanische Movistar-Profi nach dem Rennen.
Lange hatte eine elfköpfige Spitzengruppe, deren Vorsprung auf fast 20 Minuten anwuchs, das Rennen bestimmt. Aber fünf Runden vor Schluss nahmen die Verfolger die Sache endlich ernst und machten mächtig Tempo. Dem fiel sogar der dreimalige Weltmeister Peter Sagan zum Opfer. Der sechsmalige Gewinner des Grünen Trikots bei der Tour de France stieg rund 64 Kilometer vor dem Ziel entkräftet aus.
42 Kilometer später war der stundenlange Ausreißversuch beendet und die heiße WM-Phase begann. Vorher war auch der Berliner Maximilian Schachmann, der in Innsbruck zum WM-Auftakt mit Quick-Step Gold im Teamzeitfahren geholt hatte, ausgestiegen. Seine Teamkollegen Emanuel Buchmann (Ravensburg) und Geschke mischten dagegen im Finale vorne mit den Stärksten mit – am Ende reichte es aber nicht zu einem vorderen Platz. Buchmann konnte zu Beginn des finalen Anstiegs elf Kilometer vor dem Ziel nicht mehr mithalten. Geschke hielt noch etwas länger dagegen.
Schachmann wäre «gerne länger mitgefahren, aber ein Defekt und eine Schwäche – wahrscheinlich hatte ich zu wenig gegessen – haben mich zurückgeworfen».
Die WM-Woche in Tirol verlief so gar nicht nach dem Geschmack des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR). Die Bilanz der Titelkämpfe fiel noch magerer aus als 2017, als in Bergen/Norwegen nur Lennard Kämna Silber im U23-Straßenrennen holte. Auch diesmal gab es für den BDR nur eine Medaille, die des Junioren-Vizeweltmeisters im Straßenrennen, Marius Mayrhofer aus Dusslingen. Die Goldmedaillen von Trixi Worrack und Lisa Klein sowie Schachmann im Teamzeitfahren mit ihren Sponsoren-Mannschaften gehen nicht in die Nationenwertung ein.
Trotz der Misserfolgsserie vermied der BDR-Sportdirektor klare oder harte Worte. «Wir sind im Rahmen unsere Möglichkeiten geblieben, haben aber noch Luft nach oben», sagte Patrick Moster am Sonntag. Die WM-Kurse vor zwei Jahren in Doha seien maßgeschneidert auf die Fähigkeiten der deutschen Protagonisten gewesen. «Diesmal eben nicht».
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(dpa)