Rio de Janeiro – Andreas Ostholt musste mit den Tränen kämpfen. Mit brüchiger Stimmer erzählte der Reiter, wie sein Olympia-Traum nach der Ankunft in Rio zerplatzte.
«Ich war keine drei Stunden hier, da habe ich erfahren, dass ich nicht dabei bin», sagte Ostholt: «Man fühlt sich hier ein bisschen allein.» Die Entscheidung durch die Leitung des Vielseitigkeit-Teams kann er offensichtlich nicht nachvollziehen. Am Freitag war seinem Pferd So is et noch beim obligatorischen Veterinär-Check bescheinigt worden, dass es für den am Samstag beginnenden Wettkampf fit wäre.
«Ich habe die ganz Zeit gehofft, dass sich die Entscheidung noch ändert», berichtete der Reiter aus Warendorf, der am Sonntag mit den Kollegen angekommen war und dann die Nachricht vom Aus erhielt. «Das Pferd habe nicht nur ich fit gesehen», sagte der 38-Jährige. «Leider sieht die Mannschaftsleitung das nicht so. Wenn ich selber das Gefühl hätte, das Pferd wäre nicht einsatzbereit, dann wäre es etwas anderes.» Für Ostholt wird die ebenfalls in Warendorf lebende Julia Krajewski mit Samourai starten.
«Risiko-Minimierung», nannte Bundestrainer Hans Melzer als Grund für den Tausch. «Andreas‘ Pferd hatte vor dem Trainingslager ein Eisen verloren und ging unregelmäßig», sagte Melzer. Nun sei es gesund, aber: «Wir wollten einfach auf Nummer sich gehen.» Daher habe er sich für den kurzfristigen Austausch entschieden.
Erst nach der bestandenen Untersuchung durch die Tierärzte des Weltverbandes, die am Freitag auch Ostholts Pferd anstandslos durchlief, gab Melzer den Wechsel im Team auch offiziell bekannt. «Wir wollten uns alle Optionen bis zum Schluss offenhalten, falls noch etwas anderes passiert», erklärte Melzer sein überraschendes Vorgehen.
«Für Andreas ist das natürlich eine große Enttäuschung», sagte der Coach. «Ich weiß, dass es sehr, sehr schwer für ihn ist. Aber einer muss die Entscheidung treffen.» Ostholt hatte im Mai für Furore mit Platz zwei in Badminton gesorgt, dem wichtigsten Turnier der Vielseitigkeit.
Ostholts Aus ist Krajewskis Glück. Strahlend berichtete die Reiterin aus Warendorf über ihre Gefühle, während Ostholt direkt neben ihr tapfer über sein Seelenleben berichtete. «Wenn ich jetzt in den Stall gehe und mich betrinke, hilft das auch nicht», sagte der traurige Reiter.
«Es tut mir für Andreas leid», sagte Krajewski. Sie wisse, «wie ätzend» es für ihren Kollgen sei. Sie selber spüre nun «eine positive Anspannung», berichtete die 27-Jährige. Nervös sei sie nicht: «Mein Pferd weiß auch nicht, dass hier olympische Ringe hängen.» Zum Team gehören außerdem Doppel-Olympiasieger Michael Jung aus Horb mit Sam, Ingrid Klimke aus Münster mit Hale-Bob und Doppel-Weltmeisterin Sandra Auffarth aus Ganderkesee mit Opgun Louvo.
Im Vorfeld hatte es bereits mehrere Ausfälle gegeben. So musste Jung auf Takinou verzichten und Sam einsetzen. Nicht zur Verfügung standen für Rio Andreas Dibowski aus Döhle mit Avedon, Peter Thomsen aus Lindewitt mit Barny sowie Klimkes Escada.
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(dpa)