Olympia

Die Widerstandskämpferin

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Rio de Janeiro (dpa) – Dalva Crispino steht vor ihrem zweistöckigen Haus in der Favela Vila Autódromo, wo Bauschutt und Hausruinen das Bild prägen. Die 82-Jährige lebt mit ihrem Sohn, ihrer Nichte und ihrem Mann in der Armensiedlung im Schatten des Olympiaparks.

Und der ist ihr Problem. Die Stadtverwaltung hat deshalb fast die gesamte Vila Autódromo abreißen lassen, die Bewohner bekamen das Angebot einer neuen Wohnung in einer nahen Appartement-Siedlung. Erst hieß es, der Platz werde für Olympia gebraucht, doch das ist nun gar nicht der Fall – daher stellt sich die Frage, warum hier tausende Menschen weichen mussten. Angeblich sollen hier Luxus-Immobilien entstehen, denn der Stadtteil Barra in der Olympiastadt Rio de Janeiro wird transformiert zum neuen, modernen Rio, einem Rio der Reichen und der Mittelschicht, weit weg von den Favelas im Zentrum.

Seit 2012 protestieren Anwohner für den Erhalt der Siedlung. Dona Dalva ist eine von wenigen, die in der Vila Autódromo ausharren. Rund 560 Familien haben ihre Häuser verlassen. Nach endlosen Verhandlungen hat die Bewohnervereinigung mithilfe von Menschenrechtsaktivisten und Stadtplanern einen Kompromiss ausgehandelt: 22 Familien dürfen auch nach den Spielen bleiben, ihre Häuser sollen neu gebaut werden. Doch die Skepsis gegenüber der Stadt und ihrem Versprechen ist groß.

«Ich warte und warte, aber nichts geschieht», sagt Dona Dalva. Sie bleibt standhaft, geht zu jedem Bewohner-Meeting und zu jeder Demonstration. «Ich möchte selbst sehen, dass die neuen Häuser auch wirklich gebaut werden. Was bleibt mir anderes übrig?» Die von der Regierung angebotenen Häuser seien in einem schlechteren Zustand als die jetzigen, meint Dona Dalva. Die meisten würden den Umzug bereuen.

Rios Bürgermeister Eduardo Paes bestreitet, dass es sich um Zwangsumsiedlungen handelt: «Die meisten Bewohner wollten wirklich gehen.» Dagegen sprechen Medienberichte über gewaltsame Räumungen – als es immer mehr internationale Aufmerksamkeit gab, kam es zur Kehrtwende und zur Bleibeerlaubnis für nicht weichen wollende Familien. Die Vila Autódromo besteht nun nur noch aus einzelnen Häuschen, umgeben von Schuttbergen, Baumaterial und leeren Stellen, an denen einmal Häuser standen. «Früher haben wir hier zusammen Feste gefeiert, wie den Muttertag oder Weihnachten.» Dona Dalva blickt über das Gelände. «Jetzt sieht es hier aus wie in einer Geisterstadt.»

Fotocredits: Jasmin Sarwoko

(dpa)