Frankfurt/Main – Während in vielen anderen Sportarten weiter fleißig verschoben und abgesagt wird, feilt die Deutsche Fußball Liga an ihrem Masterplan für die Fortsetzung der Bundesliga-Saison ab Anfang Mai.
Zwei Eckpunkte machte der seit Wochen im Fokus stehende Liga-Boss Christian Seifert in den Tagen vor dem ungewöhnlichen, fußballlosen Osterfest deutlich. Zum einen: DFL und Vereine werden bereit und gewappnet sein für den wochenlangen Ausnahmezustand, der derzeit trotz Corona-Krise noch immer eine Beendigung der Liga-Saison bis 30. Juni und ohne Zuschauer in den Stadien vorsieht.
Zum anderen: «Es wird nicht der Fall sein, dass auch nur eine Ärztin, ein Arzt, eine Krankenschwester oder ein Krankenpfleger, die für das System wirklich relevant sind, nicht getestet werden kann, weil Fußballspieler getestet werden müssen», stellte Seifert in der «New York Times» klar. Für die neun verbleibenden Spieltage, die in den beiden Bundesligen für den Erhalt der für manche überlebenswichtigen letzten Rate an TV-Geldern noch zu absolvieren sind, werden zahlreiche Tests für die Profis nötig sein, um das Risiko von neuen Infektionsketten im wöchentlichen Spielbetrieb minimieren zu können.
Aus der Politik gibt es nicht nur erste Stimmen, die einen schnellen Neustart des Spielbetriebs herbeisehnen, sondern auch Zweifel. SPD-Politiker Karl Lauterbach sagte dem «Spiegel»: «Fußball wäre theoretisch nur denkbar, wenn die Spieler ein paar Tage vor dem Spiel getestet und dann bis zum Spielbeginn isoliert würden, damit sie sich nicht gegenseitig infizieren. Hat sich ein Spieler angesteckt, müssen er und alle Mannschaftskollegen in Quarantäne.» Das bedeutet nicht nur erhöhte Test-Kapazitäten für das Millionenbusiness Fußball, sondern auch monatelange Einschränkungen und strikte Maßnahmen für die Profis, um eine Beendigung der Saison zu ermöglichen.
Was steht in der Woche nach Ostern für die Bundesliga an?
Eine weitere außerordentliche Mitgliederversammlung am Freitag, bei der die 36 Proficlubs das weitere Vorgehen beraten. Es ist nach Mitte März und Ende März bereits die dritte in der Corona-Krise. Bisher wurde jeweils die Aussetzung der Ligen bis zu einem gewissen Zeitpunkt beschlossen, diesmal könnte es um einen Starttermin für die Wiederaufnahme gehen. Am Mittwoch wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder über ihr weiteres Vorgehen in der Krise beraten. Auch davon wird abhängen, worüber das DFL-Präsidium und die Vereine sprechen. «Wir haben es nicht in der Hand», hatte Ligaboss Seifert der Wochenzeitung «Die Zeit» gesagt.
Wie sollen die sogenannten Geisterspiele ablaufen?
Mit möglichst wenigen Menschen. Die DFL hat den Vereinen darüber ein Szenario an die Hand gegeben, in dem zunächst mit 239 Personen gerechnet wird. Beim bis dato einzigen Geisterspiel (Gladbach gegen Köln am 11. März) waren es noch etwa 600 Menschen. Nun sollen zum Beispiel weniger Ordner und weniger Balljungen eingesetzt werden, zudem soll es überhaupt kein Catering mehr geben. Auch für die Vereine sind pro Delegation nur acht Personen vorgesehen.
Wie groß sind die Finanzsorgen der deutschen Proficlubs?
Die bereits eingeplanten TV-Gelder dürften für mehrere Proficlubs existenziell werden. So appellierte der FC Schalke 04 bereits an seine Dauerkartenbesitzer, von Rückforderungen für die verbleibenden Heimspiele abzusehen. Paderborns Geschäftsführer Martin Przondziono sagte bei Sport1: «Es ist nicht so, dass wir nächsten Monat insolvent wären. Wir können das noch ein, zwei Monate hinauszögern, aber dann geht uns die Luft aus.» Auch DFB-Präsident Fritz Keller fürchtet Insolvenzen und hält diese auch in der höchsten deutschen Spielklasse für möglich.
Welche Besonderheiten sind beim Restart der Bundesliga denkbar?
Zum Beispiel könnten Schiedsrichter aus München in der restlichen Saison auch den FC Bayern pfeifen, was sonst nicht möglich ist. Dies berichtete die «Bild-Zeitung» am Samstag. Demzufolge sind kürzere Anreisewege der Referees sogar erwünscht, da diese am Spieltag anreisen, pfeifen und wieder abreisen sollen. Die Referees sollen zudem einen Tag vor ihrem Einsatz getestet werden.
Weiter denkbar sind auch Szenarien, wonach Spiele nicht mehr zwingend am eigentlich vorgesehenen Ort stattfinden, wenn sich durch eine Verlegung ein praktischer Vorteil ergibt. Dies könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn es in Bundesländern unterschiedliche Regelungen gibt. Durch die Geisterspiele wird der Heimvorteil bei einer Fortsetzung ohnehin stark an Wert verlieren.
Wie geht es mit dem Europapokal weiter?
Die Europäische Fußball-Union hat den nationalen Ligen für die Beendigung der Saison Vorrang eingeräumt. Alle Spiele der Champions League und Europa League sind «bis auf Weiteres» verschoben. Vor September muss der Europapokal aus Sicht von UEFA-Chef Aleksander Ceferin beendet sein, um noch die Sieger zu küren. Dabei ist der Kontinentalverband aber auch davon abhängig, wann die Ligen in den einzelnen Ländern wieder ihren Spielbetrieb aufnehmen. Um die Europapokalsaison noch zu retten, werden diverse Szenarien erarbeitet. Wie der «Sunday Express» berichtete, ist eine Idee, die Champions League und Europa League jeweils in einem dreiwöchigen Block im August auszuspielen.
Was kann sich bei Transfers ändern?
Die jüngsten Richtlinien der FIFA zu möglichen Änderungen für den Transfermarkt wollte die DFL nicht kommentieren. Das Ziel, die Saison regulär zu beenden, bleibt. Mit den Empfehlungen hat der Weltverband aber den Weg frei gemacht, dass die nationalen Ligen länger als geplant spielen: So sollen auslaufende Kontrakte solange verlängert werden können, bis die Saison beendet ist. Die FIFA darf allerdings nicht direkt in national geltendes Arbeitsrecht eingreifen.
Nun wurde weitere Flexibilität angekündigt. Bislang gibt es zwei Phasen, in denen Spieler wechseln dürfen: eine zwischen den Saisons, die nicht länger als zwölf Wochen dauern darf, und eine zur Mitte der Saison, die vier Wochen nicht überschreiten darf. «Was wir jetzt sehen könnten in der Krise, wäre, dass Verbände ein zusätzliches, drittes Transferfenster öffnen», stellte James Kitching, FIFA-Direktor Football Regulatory, in der ARD-«Sportschau» zu den neuen Empfehlungen klar. «Das würden wir flexibel handhaben, wenn die 16 Wochen Gesamtzeit nicht überschritten werden.»
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(dpa)