Berlin – Sebastian Vettels Rennfahrer-Glück kreist um die 5. Im fünften Jahr bei Ferrari will der Hesse im Auto mit der Nummer 5 endlich zum fünften Mal Weltmeister werden.
Als Vorbild für die nächste Jagd auf Formel-1-Titelverteidiger Lewis Hamilton gilt dem 31-Jährigen mehr denn je Rekordchampion Michael Schumacher. Auch der Kerpener hatte einst fünf Anläufe gebraucht, ehe er erstmals im Ferrari zum WM-Triumph raste. Vier weitere Titel folgten. «Das Ultimative» wäre eine Weltmeisterschaft mit Ferrari für ihn, machte Vettel vor dem Saisonstart am 17. März in Melbourne deutlich.
Mit beeindruckenden Bestzeiten bei den Testfahrten schürte Ferrari den Optimismus von der Reise nach Australien, mit der eine weitere Marathon-Saison mit 21 Grand Prix ihren Anfang nimmt. Dauerrivale Hamilton nimmt den Fehde-Handschuh gern auf. «Uns macht die Herausforderung nichts aus», sagte der 33 Jahre alte Brite. Dass sein kräftig erneuerter Silberpfeil bei den Proberunden noch einige Rätsel aufgab? «Wir müssen einen Berg erklimmen, aber wir wissen, wie das geht», sagte Hamilton mit der Gelassenheit des Seriensiegers.
Auch im Vorjahr kam der Mercedes-Pilot nur mühsam in Fahrt, die ersten beiden Saisonrennen gewann Vettel. Am Ende aber war Hamilton nicht mehr aufzuhalten, nutzte die Pannen und Patzer seines Kontrahenten schonungslos aus. Es war wohl eine der schlimmsten Niederlagen für Vettel, der seine vier WM-Pokale alle im Red Bull eroberte. «Es gibt einen Sieger, der Zweite ist der erste Statist. Das ist nicht immer fair, aber Formel 1 ist kein Kindergeburtstag», sagte Vettel jüngst der «Sport Bild».
Nur Schumacher und Niki Lauda haben mehr Rennen für die Scuderia gewonnen als der Heppenheimer. Doch um sich wirklich einen Ehrenplatz in der Ahnengalerie der Traditionsmarke aus Maranello zu verdienen, muss Vettel endlich einen Titel beschaffen. Fast schon verblichen ist die Erinnerung an Kimi Räikkönens WM-Erfolg 2007, noch immer der bislang letzte für Ferrari.
Nach viel Umbruch, Aufbau und Rückschlägen ist Vettel sicher, dass Ferrari «alle Zutaten zusammen» hat. Mattia Binotto hat den ziemlich zerknitterten Zigaretten-Manager Maurizio Arrivabene zu Jahresbeginn als Teamchef abgelöst. Der 49-Jährige war als Motoren-Ingenieur schon an Schumachers Titelserie beteiligt und kennt die empfindliche Seele des berühmtesten Rennstalls ganz genau. «Wir wissen, was wir tun müssen und wie wir es tun müssen», beteuert Vettel.
In seinem 13. Formel-1-Jahr muss sich der viermalige Champion auch intern einer neuen Herausforderung stellen. Sein neuer Teamkollege Charles Leclerc (21) aus Monaco gilt als Supertalent und könnte bereits die Zukunft nach Vettel verkörpern, wenn der Deutsche den Titelwunsch der Tifosi nicht endlich erfüllt.
Schon in seinem letzten Jahr bei Red Bull hatte der Hesse in Daniel Ricciardo einen jugendlichen Herausforderer, der ihm respektlos davonfuhr. Es war die bislang einzige Saison, in der Vettel das Duell mit einem Stallrivalen verlor.
Vettel wird seine Sinne schärfen müssen, wenn er zunächst Leclerc und dann auch Hamilton bezwingen will. Schumacher hat einst gezeigt, was es dafür braucht. Legendär sind Fleiß, Akribie und Präzision des siebenmaligen Weltmeisters, seine unbedingte Loyalität zum Team, aber auch die gewisse Rücksichtslosigkeit auf der Rennstrecke. «Michael hat Ferrari auf seine Schultern genommen und das Team aus der Krise geführt. Er war ein Leader», sagte der frühere Formel-1-Chef Bernie Ecclestone am Ende der Vorsaison und fügte kühl hinzu: «Vettel ist nicht so.»
Vettel wird das Gegenteil beweisen müssen, um am Ende nicht als Gescheiterter in die Ferrari-Geschichte einzugehen. Auf dem Spiel steht ganz nebenbei auch der Rekord der Scuderia von sechs Teamtiteln in Serie aus den Jahren 1999 bis 2004, den Mercedes in diesem Jahr egalisieren könnte. Hamilton aber schaut vorerst eher in den Rückspiegel. «Red Bull fährt auf unserem Niveau und die anderen Teams sind uns näher gekommen», sagte er nach den Tests in Barcelona.
Wird also gar nichts aus dem Zweikampf Vettel gegen Hamilton? Das ist schwer zu glauben. Der hochgelobte Max Verstappen hat im Red Bull nun einen Honda-Motor – die neue Partnerschaft muss sich erst bewähren. Und auch der zu Renault gewechselte Ricciardo und der von Ferrari aufs Altenteil zu Alfa Romeo abgeschobene Räikkönen werden wohl bestenfalls gelegentlich für Überraschungen sorgen können.
Es ist also angerichtet für ein weiteres Kräftemessen der Giganten und für eine Spektakel-Saison, in der die Formel 1 am 14. April in Shanghai ihren 1000. Grand Prix erlebt. «Im Großen und Ganzen ist das Gefühl positiv», sagte Vettel. Die große Frage ist nun, ob dieses Gefühl bis zum Finale in Abu Dhabi am ersten Advent anhält.
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(dpa)