Mönchengladbach – Drei Spiele, drei Siege, null Gegentore – aus dem bisherigen Außenseiter Borussia Mönchengladbach ist nach einem famosen Rückrundenstart ein echter Titelkandidat geworden.
Der überraschende Sprung auf den zweiten Rang und die beste Punktbilanz seit 42 Jahren erfüllten alle Beteiligten mit Stolz, verleiteten aber niemanden zu einer Kampfansage. «Wir sehen uns nicht als Dortmund-Jäger und wissen, dass der BVB und die Bayern noch ein Stück weit über uns stehen», kommentierte Torschütze Christoph Kramer nach dem 2:0 (0:0) über den FC Schalke 04 in aller Bescheidenheit.
Was die Tabelle betrifft, gilt die Aussage des Fußball-Weltmeisters von 2014 allerdings nur noch bedingt. Schließlich zog Gladbach aufgrund der besseren Tordifferenz zumindest am Rekordmeister aus München vorbei und verkürzte den Abstand zum BVB auf sieben Zähler. «Wir sind der Gewinner des Spitzentrios», befand Kramer mit Verweis auf die Punktverluste der Konkurrenten wenige Stunden zuvor. Im Stile eines Spitzenteams nutzten die Gäste die Gunst der Stunde und machten aus dem bisherigen Zweikampf um den Titel einen Dreikampf. «Das hätten wir uns vor der Saison nicht erträumen können», schwärmte Florian Neuhaus, der wie Kramer als Einwechselspieler traf.
Selbst der lange fehlende Punch in der Fremde, der dem Team noch in der Hinrunde zu schaffen machte, scheint verflogen zu sein. Schließlich gelangen nach der Winterpause Siege in Leverkusen (1:0) und Gelsenkirchen. «Wir wollten unsere kleine Auswärtsschwäche ablegen. Jetzt haben wir in Leverkusen und auf Schalke gewonnen. Das war ein perfekter Start», schwärmte Abwehrchef Matthias Ginter. Zwar boten die Profis von Trainer Dieter Hecking wie schon beim Sieg in Leverkusen auch auf Schalke keinen Zauberfußball, standen aber in der Defensive stabil und schlugen im entscheidenden Moment eiskalt zu.
Der Platzverweis für den gegnerischen Torhüter Alexander Nübel nach einer Notbremse gegen Thorgan Hazard in der 59. Minute ebnete den Weg zum vierten Auswärtssieg. Zudem bewies Hecking mit den Einwechslungen der beiden Torschützen Kramer (85.) und Neuhaus (90.+1) ein glückliches Händchen. Ähnlich wie seine Profis äußerte sich auch der Trainer zum Thema Titelkampf eher defensiv: «Natürlich sind wir ambitioniert. Aber es nutzt nichts, auf die anderen zu schauen. Ab morgen liegt unser Fokus wieder auf dem nächsten Spiel gegen Hertha. Nur das ist der Weg, der uns Erfolg beschert.»
Noch verschwendet niemand einen Gedanken daran, am Ende der Saison die erste Meisterschaft seit 1977 feiern zu können. Doch so ganz abwegig wäre das nicht. Denn die Spitzenteams aus Dortmund, München und Leipzig müssen allesamt noch im Borussia-Park antreten, wo es bisher ausnahmslos Heimsiege gab. «Es lohnt sich noch nicht, sich damit zu beschäftigen, was im Sommer sein wird. Das kostet nur Energie», kommentierte Kramer den Hinweis auf das Restprogramm.
Was ebenfalls für den Altmeister spricht, ist der große Teamgeist. Obwohl Kramer erst viermal in der Startelf stand, als Reservist allen Grund zu Klage hätte und sich als Torschütze für weitere Einsätze empfahl, verzichtete er auf Kritik an der Personalpolitik von Trainer Hecking. «Es gehört sich nicht, schlechte Laune zu verbreiten. Die Mannschaft liefert wenig Gründe zu wechseln», sagte der Mittelfeldspieler im ZDF. Schmunzelnd fügte er an: «Ich habe nicht so schlechte Laune, wie mir nachgesagt wird und habe nicht vor, woanders hinzugehen.»
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(dpa)