Leverkusen – Euphorisiert durch einen Baby-Boom hat der VfL Wolfsburg nach zwei Frust-Jahren einen Traumstart in der Fußball-Bundesliga hingelegt. «Das kann schon einen Schub geben», sagte Renato Steffen, Torschütze beim 3:1 bei Bayer Leverkusen und einer von sechs Jung-Vätern im VfL-Team.
Der Schweizer, der am vergangenen Samstag nach dem 2:1 zum Auftakt gegen den FC Schalke 04 die Geburt von Sohn Lian erlebte, ergänzte nach seinem ersten Bundesliga-Tor mit einem Schmunzeln: «Aber ich kann ja jetzt nicht jede Woche ein Kind bekommen. Ich muss probieren, das irgendwie anders zu kompensieren.»
Auf den ersten Blick entstehen dem Team durch die Geburtenwelle auch Nachteile. Am Samstag fehlte kurzfristig Koen Casteels, Stammtorhüter und in Abwesenheit des verletzten Josuha Guilavogui auch Kapitän. Zu Hause war der Baby-Alarm losgegangen, der belgische WM-Teilnehmer verließ das Team-Quartier in Köln umgehend und eilte zur Familie.
Doch die zusätzliche Väter-Euphorie macht den Verlust offenbar mehr als wett. «In Hessen sagt man: Wir machen kein Geschiss darum, wenn einer fehlt», sagte Bruno Labbadia, VfL-Trainer und gebürtiger Darmstädter.
Die Frage nach Labbadias Anteil am sportlichen Erfolg beantwortete Mittelfeldspieler Maximilian Arnold mit einem Augenzwinkern. «Er hat einen Anteil daran, alleine durch die Vorbereitung», sagte er: «Sie war so hart, dass uns das richtig zusammengeschweißt hat. Er war so etwas wie unser gemeinsames Feindbild.»
Arnold (24) wurde sogar gefragt, ob er sich durch die vielen Geburten bei den Kollegen unter Druck gesetzt fühle: Neben Casteels und Steffen (beide 26) waren innerhalb von etwas mehr als einem Monat auch Marvin Stefaniak (23), Yunus Malli, Paul-Georges Ntep und Wout Weghorst (alle 26) Vater geworden. «Wenn ich ein Kind bekomme, denke ich dabei nicht an die Planung des VfL Wolfsburg», antwortete Arnold etwas irritiert: «Ich habe da schon meine eigene Zeitplanung.»
Deutlich wohler fühlte sich der U21-Europameister bei Fragen nach der sportlichen Situation. «Wir wollen die Kirche mal im Dorf lassen», antwortete er auf Fragen nach der Drei-Stunden-Tabellenführung: «Wir fangen gerade erst an, die Kirche zu bauen.»
Sportchef Jörg Schmadtke wiederum fand dieses Zitat Arnolds amüsant. «Er soll sich ein bisschen freuen, dann soll er in sein Dorf gehen und sich erholen», sagte er in bekannt trockener Art. Die «Spitzenreiter»-Gesänge der Anhänger und die hartnäckigen Nachfragen umging er ebenfalls lässig: «Journalisten dürfen alles. Fans dürfen träumen. Aber wir müssen alles realistisch einordnen.» Fragen nach der Tabellenführung bei Abpfiff bezeichnete er als «Klamauk».
Von der Euphorie des Vaters und Torschützen Steffen ließ sich aber auch Schmadtke anstecken. «Ich freue mich, wenn er gut gelaunt ist», meinte Schmadtke und wollte ein gewisses Eigeninteresse gar nicht verbergen: «Er ist schließlich mein Nachbar.»
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(dpa)