München – «Jogi, komm, es geht los!» Vor dem Beginn der DFB-Präsidiumssitzung zur WM-Aufarbeitung brauchte Joachim Löw noch eine freundliche Extra-Einladung von Teammanager Oliver Bierhoff.
Der sichtlich entspannte Bundestrainer hatte sich am Buffet im Vorraum des Sitzungssaals Ludwig II + III in einem Münchner Hotel mit einem Funktionär verquatscht. Gut gelaunt hatte Löw zuvor den Tagungsort betreten und erstmal mit Liga-Chef Christian Seifert und dem Ex-Boss der SpVgg Greuther Fürth, Helmut Hack, über den großen Pokalfight der Franken gegen Borussia Dortmund (1:2 n.V.) am Montag diskutiert.
Die missratene WM wurde für Löw erst hinter verschlossenen Türen wieder zum Thema. An der Leinwand war, als Löw noch schnell in den Raum huschte, schon die Computer-Präsentation mit dem vielsagenden Dateinamen «Oliver Präsidium» zu sehen. Drei Tage nach seinem Bericht vor Vertretern der Profi-Clubs in Frankfurt sollte Löw nun auch den DFB-Funktionären die Konsequenzen nach dem bitteren Vorrunden-K.o. der Fußball-Nationalmannschaft bei der WM erläutern.
Den Fußball-Fans sollen diese im Detail aber erst am Mittwoch bei einer Pressekonferenz ebenfalls in München verkündet werden, wenn Löw auch seinen Kader für die Länderspiele gegen Weltmeister Frankreich am 6. September und drei Tage später gegen Peru präsentiert. Erst dann wird auch klar sein, wie der entthronte Weltmeister-Coach personell die angestrebte Rückkehr in die Weltspitze angehen will.
Bei der Sitzung des DFB-Präsidiums wurde nicht mit großen Kontroversen gerechnet. Die Funktionäre hatten Löw schließlich selbst den Vertrag schon vor der WM bis 2022 verlängert und auch unmittelbar nach dem WM-Aus das Vertrauen ausgesprochen. Bereits am 20. Juli hatte der 58-Jährige zudem die Funktionäre des Gremiums über seine Vorstellungen nach dem WM-Desaster erstmals informiert.
Am Dienstag hatte Löw mit Vertretern der Profi-Vereine diskutiert. Anschließend hatten DFB-Chef Reinhard Grindel und Ligapräsident Reinhard Rauball von einem wichtigen Schulterschluss gesprochen. «Mir sind die Inhalte im Wesentlichen bekannt», sagte Rauball am Freitag, bevor er im Fahrstuhl zum Sitzungsraum entschwand. Als DFB-Vize hörte er die Löw-Ausführungen wie auch Seifert am Freitag zum zweiten Mal.
Im Mittelpunkt der Analyse stehen offenbar vornehmlich grundlegende strukturelle Veränderungen beim DFB und bei der Nationalmannschaft. In einer engeren Kooperation mit den Profivereinen sollen Trainerausbildung und die Nachwuchsförderung optimiert werden. Über personelle Veränderungen im engen Löw-Zirkel ist bislang nichts bekannt. Spekuliert wird über Konsequenzen im sogenannten Team hinter dem Team, speziell eine Neustrukturierung der Scouting-Abteilung. Aus der Nationalelf sind bislang nur Mesut Özil (29) im Zuge der Erdogan-Affäre und Stürmer Mario Gomez (33) zurückgetreten.
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(dpa)