Koblenz – Nach zehn Jahren Pause wird am Donnerstag wieder eine Deutschland Tour der Radprofis gestartet. Das Teilnehmerfeld kann sich sehen lassen – sogar Tour-Sieger Geraint Thomas gibt sich die Ehre.
Mit solch einem Staraufgebot an Radprofis hatte Claude Rach nicht gerechnet. «Dass der Erste, Zweite und Vierte der diesjährigen Tour de France an den Start gehen werden, ist schon sehr außergewöhnlich», sagte der Cheforganisator der neuaufgelegten Deutschland Tour der Deutschen Presse-Agentur. Der erst 31 Jahre alte Luxemburger ist Deutschland-Chef des Tour-Veranstalters ASO und hat die am Donnerstag in Koblenz beginnende Rundfahrt seit mehr als drei Jahren mitgeplant und organisiert.
Neben Thomas, konnte Rach auch dem Gesamtzweiten Tom Dumoulin vom deutschen Sunweb-Rennstall sowie dem Vierten Romain Bardet aus Frankreich eine Teilnahme bei der viertägigen Rundfahrt schmackhaft machen. «Dass es zusammen mit den deutschen Topfahrern so ein Teilnehmerfeld gibt – damit konnten wir nicht rechnen. Das gibt dem Ganzen noch einmal eine ganz andere Wertschätzung und mediale Beachtung», betonte Rach.
Elf der 22 Teilnehmer-Mannschaften kommen mit dem Prädikat WorldTour-Team nach Koblenz. In mehr als 190 Ländern wird das Rennen übertragen – ARD und ZDF berichten wie auch Eurosport täglich live.
Über 737,5 Kilometer vom Start in Koblenz bis nach Stuttgart führt das Rennen, bei dessen Streckenplanung auch Ex-Profi Fabian Wegmann beteiligt war. Bonn, Trier und Merzig heißen vor Stuttgart die Zielorte. Die bislang letzte Ausgabe der Deutschland Tour gewann 2008 Linus Gerdemann aus Münster. Zuvor zierten namhafte, aber nachweislich durch Doping belastete Namen wie Levi Leipheimer (USA/2005), Patrik Sinkewitz (2004) oder der Kasache Alexander Winokurow (2001) die Siegerliste.
2009 wurde die Tour, wie zuvor schon die Hessen- und Thüringen-Rundfahrt, wegen der anhaltenden Dopingproblematik und des sinkenden Sponsoren- und Medieninteresses in Deutschland abgeschafft. Vor allem die einstigen deutschen Vorzeige-Rennställe T-Mobile und Gerolsteiner hatten daran mit zahlreichen Dopingfällen einen nicht kleinen Anteil.
Die Neuauflage soll ein neues Zeitalter des Profiradsports in Deutschland einläuten. «Durch die Übertragung von ARD und ZDF, der Präsenz der Topfahrer, haben wir sehr gute Ansätze. In Zukunft wollen wir noch mehr an der Qualität arbeiten, mehr Zuschauer- und Medieninteresse wecken und mehr Unternehmen für den Radsport in Deutschland begeistern», erklärte Rach.
Die Vorfreude bei den einheimischen Radprofis ist entsprechend groß. Bis auf den Tour-Etappensieger John Degenkolb sind alle deutschen Stars in Koblenz am Start. Neben André Greipel, Giro-Etappensieger Maximilian Schachmann, dem deutschen Straßenmeister Pascal Ackermann, möchte auch Marcel Kittel auf heimischem Boden seine magere Saisonbilanz von zwei Siegen aufpolieren. «Meine Konzentration gilt vor allem der Flachetappe am Donnerstag. Die Etappen danach sind eher etwas für Klassiker-Spezialisten», sagte der Katusha-Alpecin-Profi der «Sport Bild».
Auch der in dieser Saison ins internationale Rampenlicht gesprintete Ackermann reist trotz seines Sturzes am Sonntag bei den Hamburger Cyclassics selbstbewusst ans Deutsche Eck nach Koblenz. «Beim Comeback der Deutschland Tour im Meistertrikot zu fahren, ist eine große Ehre für mich. Die erste Etappe habe ich mir im Kalender dick angekreuzt», sagte der 24-Jährige vom Team Bora-hansgrohe und ergänzte: «Zuerst fahren wir auf Etappensieg und schauen dann, was am Ende dabei rauskommt. Ich schreibe den Gesamtsieg nicht völlig ab.»
Für Tour-Sieger Thomas ist der eher unrealistisch. «Ich glaube nicht, dass Geraint Ambitionen beziehungsweise Chancen hat zu gewinnen. Es ist eine sehr kurze Rundfahrt, bei der auch Sprinterqualitäten gefragt sind. Daher werden wir mit einer offenen Taktik an den Start gehen», sagte dessen Sky-Teamkollege Christian Knees.
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(dpa)